09.09.2004 23:48
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Arbrandir
Schuft
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Naja, genaugenommen ist die Welt selbst eine Blume, und über ihr - wie ein Schmetterling - die Mainacht.
Astern blühen zu verschiedenen Jahreszeiten, nicht nur im Herbst. Aber interessant, wie Rilke den Mai mit dem sterbenden Schmetterling und der "klassischen" Herbstpflanze Aster verbindet.
Ich weiß selbst nicht, warum, aber das bringt mich auf....
Astern - schwälende Tage,
alte Beschwörung, Bann,
die Götter halten die Waage
eine zögernde Stunde an.
Noch einmal die goldenen Herden,
der Himmel, das Licht, der Flor,
was brütet das alte Werden
unter den sterbenden Flügeln vor?
Noch einmal das Ersehnte,
den Rausch, der Rosen Du -
der Sommer stand und lehnte
und sah den Schwalben zu,
Noch einmal ein Vermuten,
wo längst Gewissheit wacht:
Die Schwalben streifen die Fluten
und trinken Fahrt und Nacht.
(Gottfried Benn)
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10.09.2004 00:06
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lenaluna
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Ja, naTÜRlich blühen bestimmte Sorten von Astern schon im Mai, aber die sind dann nicht unbedingt feuerrot...
Könnte die Mainacht hier nicht eher als eine Erinnerung an jene wunderbare, vor Leben pulsierende Zeit zu verstehen sein?
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10.09.2004 10:39
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Kaylee
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Zitat: lenaluna schrieb:
Zitat: Arbrandir hypothetisierte wagemutig:
Je nun, er flattert aber nicht durch blätterflugerfüllte Herbstlüfte, sondern in einer lauen Maiennacht, tut er nicht?
Nö, tut er nicht... warum sollte er denn im Mai aus einer Blüte Sterben trinken - da geht es doch mit dem Gaukeln und Sausen, dem Tollen und Taumeln erst so richtig los? Und feuerrote Astern - das erinnert mich dann doch an spätsommerliche Tage, Vorboten des sich nahenden Herbstes...
*michaufKayleesSeitestell*
mhmmm…für mich beschreibt das Gedicht einen Lebenszyklus, versinnbildlicht im Taumel eines Schmetterlings durch die Jahreszeiten.
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10.09.2004 11:21
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lenaluna
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Na guuut, dann taumelt das Kerlchen halt durch sämtliche Jahreszeiten seines kurzen Lebens *schnüff* *Träneabwisch* *hinterherwink* bis nächstes Jahr dann...
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10.09.2004 16:41
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Vikelb
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Beiträge: 63
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Tyler, ich bin entzueckt!
Was habe ich an mir gezweifelt, als ich diese Gedichte gelesen habe...
Groesstenteils waren sie mir schon bekannt, aber gerade das von Storm fuehrte zu Verwirrung.
Die meisten Gedichte werden bei mir naemlich als Gefuehle gespeichert. Ich erinnere mich an das Thema, aber die Worte verschwimmen und weichen meinem Empfinden und persoenlichen Gedanken dazu. Nun sind die genannten ja wirklich sehr schoene Lyrik, die in mir auch durchaus Gefuehle regte, aber es stimmte einfach nicht mit dem ueberein, was ich in Erinnerung hatte. Ich fragte mich also, ob sich meine Position gegenueber diesen gleich bleibenden Worten so veraendern kann, dass ich nicht mal selbst nachvollziehen kann, was ich damals gefuehlt habe. Aber zum Glueck war das Lesen von Erich Frieds Gedicht wie der Blick ins Gesicht eines alten Freundes: Die Zeit die vergangen ist hat nicht existiert, die Gefuehle sind exakt die selben.
Geht euch das auch manchmal so?
P.S. Wenn ich etwas mehr Zeit habe werde ich auch noch zwei, drei Worte zu dem von Fried verfassen. Aber es waere schade sowas auf die Schnelle zu erledigen.
P.P.S. Warum ich es ausgerechnet fuer Rilke gehalten habe ist mir schleierhaft.
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10.09.2004 22:30
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Arbrandir
Schuft
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Registriert: Mar 2004
Beiträge: 866
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Klasse, DetektivTyler! Der Fried der Erich hat auch schon ein paar bemerkenswerte Gedichte zustandegebracht. Rilke ist mir ja mitunter zu wort- und elegienselig...
Sag mal, wenn das bei Vikelbs Lyriksuche so einwandfrei funktioniert mit Deinen Nachforschungen .... ließe sich das nicht auch aufs FTGgtraten übertragen?!?
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15.09.2004 20:40
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_TylerDurden_
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Ich habe ja leichtsinngigerweise einen Streit im HdR-Schmetterlingsgesang vom Zaun gebrochen, aber ein Gutes hatte es jetzt doch. Der Nachtpoet, wohl sowas wie ein semi-professioneller (Gothic?) Dichter hat seine lesenswerte Meinung kundgetan.
Von ihm gefällt mir dieses Kurze:
Liebeserklärung eines Rauchers
Bei Dir habe ich
zum ersten mal seit Jahren
für Stunden um Stunden
wachen Traums
nicht ein einziges Mal
an Zigaretten gedacht.
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14.09.2004 13:55
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Waldelb
Fool
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Beiträge: 695
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, Tyler!
Ich muss sagen, sowas hat dem Thread schon lange gefehlt. Ich bin richtig versucht auch einzusteigen. Allerdings hatte ich (nachdem du so einen wunderbaren Anfang hingelegt hast *loool*) Angst gegen die schwarz-postenden Schreiber etwas zu sagen. Irgendwie sagt mir mein Gewissen dann, ich solle mich besser zurueck halten (nicht, weil ich irgendetwas fieses schreiben wuerde).
Davon abgesehen habe ich das Gefuehl, dass man trotzdem nur gegen eine Wand redet. Der Schmetterlingsgesang-Thread hat eine ganz bestimmte Richtung eingeschlagen, die nicht so einfach zu aendern sein wird. Und auf diesem Weg liegen eben auch Gedichte, die eigentlich nur darauf warten von Tyler verbessert zu werden.
edit: Uebrigens mag ich den Nachtpoet sehr gerne (ich bin oefter auf seiner Homepage). Obwohl ich dann wieder sagen muss, dass diese Art von Gedichten mich nicht so sehr anspricht. Ich stehe mehr auf etwas "altmodischere" Lyrik, die hat etwas zeitloses. Wohingegen z.B. Nachtpoets Gedichte mir wie eine Modewelle vorkommen: Sie koennen mit den Worten genau den eigenen Geschmack und das Gefuehl treffen, werden allerdings genauso schnell verbraucht sein. Spaetestens wenn die persoenliche Situation sich aendert.
[Dieser Beitrag wurde von Waldelb am 14.09.2004 um 13:55 editiert]
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14.09.2004 17:28
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_TylerDurden_
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Registriert: Oct 2002
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Ach Sophie, wenn du mir schmeichelst kann ich gar nicht anders als dir zu antworten. (Nicht, dass ich es bei einem Daumen nach unten nicht auch getan hätte.)
Ich kannte Stefan Brinkmann jedenfalls gar nicht. Kannst du mal ein paar Beispiele von ihm bringen die du besonders magst? Oder, was eigentlich zu deinen Ausführungen (Gott, drücke ich mich heute geschwollen aus) noch besser passen würde, welche du mal gemocht hast, aber jetzt nicht mehr, oder welche die total misslungen und Hirnwichse sind?
Ich bin ja auf jeden neidisch der ein Buch veröffentlicht hat. Hach ja. Bei Amazon hat sein Lyrikband "Traumschnuppen" den Verkaufsrang 196.942. Fast zweihunderttausend. Ich frage mich wie groß bzw klein die Auflage da ist.
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