Der Gedicht-Thread


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Post 10.11.2004 16:59 Post
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_TylerDurden_



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Registriert: Oct 2002
Beiträge: 2560
Zitat:
RV schrieb:
Wer mag raten, von wem es ist? Wer weiß es?

Ich weiß es nicht. Ist es ein bekannter deutscher Dichter? Kindergedichte kann ich gar niemanden zuordnen.

Nochmal Bukowski, diesmal in der Übersetzung, wenn es keine Reimwörter gibt, klappt eine Übertragung ganz gut und finde ich auch eindrücklicher als englisch:


Das Unmögliche
(Beasts Bounding Through Time)

Van Gogh bittet seinen Bruder um Farbe
Hemingway testet seine Schrotflinte an sich selber
Céline geht als Arzt pleite
die Unmöglichkeit, Mensch zu sein.

Villon als Dieb aus Paris verbannt
Faulkner betrunken in den Gossen seiner Stadt
die Unmöglichkeit, Mensch zu sein.

Burroughs erschießt seine Frau
Mailer sticht auf seine mit dem Messer ein
die Unmöglichkeit, Mensch zu sein.

Maupassant wird wahnsinnig in einem Ruderboot
Dostojewski wird an die Wand gestellt
Crane springt vom Heck in die Schiffsschraube rein
die Unmöglichkeit.

Sylvia, den Kopf im Gasherd wie eine gebackene Kartoffel
Harry Crosby springt in die Schwarze Sonne
Lorca von spanischen Soldaten auf der Strasse ermordet
die Unmöglichkeit

Artaud auf einer Bank im Irrenhaus
Chatterton trinkt Rattengift
Shakespeare ein Plagiator
Beethoven mit einem Hörrohr im Ohr
die Unmöglichkeit die Unmöglichkeit.

Nietzsche unheilbar verrückt
die Unmöglichkeit, Mensch zu sein
allzumenschlich
dieses Atmen
ein und aus
aus und ein

diese verkrachten
Existenzen
diese Feiglinge
diese Champions

diese glorreichen
verrückten Hunde
die das Unmögliche tun
und uns diesen
schmalen Hoffnungsschimmer erhalten.

------------

Ich mag diesen plakativen Stil zu Anfang, in der jede Zeile wuchtig wie eine Schlagzeile ist, mit fetten, großen, schwarzen Lettern. Aber wie man an der hoffnungsvollen Wendung zum Schluss sieht, schon aus seinen späteren Jahren, als er etwas altersmilde ist.

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Post 11.11.2004 16:13 Post
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RV
Krampfhenne


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Registriert: Apr 2004
Beiträge: 3603
Zitat:
_TylerDurden_ schrieb:
Zitat:
RV schrieb:
Wer mag raten, von wem es ist? Wer weiß es?

Ich weiß es nicht. Ist es ein bekannter deutscher Dichter? Kindergedichte kann ich gar niemanden zuordnen.

Der Mumpf ist von Michael Ende. Aus dem Schnurpsenbuch.

IP: Logged

Post 15.11.2004 17:36 Post
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_TylerDurden_



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Registriert: Oct 2002
Beiträge: 2560
Ich habe noch nie was von Michael Ende gelesen. Auch Momo oder Die Unendliche Geschichte kenne ich nur von den Filmen her.

Mal deutsche Liebeslyrik:

Wer ein holdes Weib errungen,
Stimme seinen Jubel ein.
Mir ist dieser Wurf gelungen,
Töne Jubel - die ist mein.
So hat nie das Herz geschlagen
Nie so hoch und nie so gut.
Künftig neigt vor meinen Tagen
Selbst der Glücklichste den Hut.


--------------

Das ist von Novalis und das hat er schön gesagt finde ich. Wie würde ein Rapper das heute ausdrücken? Es geht übrigens noch weiter, aber mit dem folgenden Strophen kann ich weniger etwas anfangen, weil es persönlicher wird. Das Gedicht ist nämlich für eine gewisse Sophie von Kühn zu ihrem Geburtstag geschrieben und heisst deshalb auch passenderweise "Zu Sophiens Geburtstag" [17. März 1796]

--------------

Fest umschlingt den Bund der Herzen
Nun der Ring der Ewigkeit,
Und es bricht der Stab der Schmerzen
Am Altar der Einigkeit.

O -! im Himmel ist geschlossen
Unsrer Herzen süßer Bund.
Ist ein beßrer Spruch entflossen
Je des Schicksals weisem Mund?

Dir gehört nun, was ich habe,
Was ich denke, fühle, bin,
Und du nimmst nun jede Gabe
Meines Schicksals für dich hin.
Was ich sucht, hab ich gefunden,
Was ich fand, das fand auch mich,
Und die Geißel meiner Stunden,
Zweifelsucht und Leichtsinn, wich.

Nimmer soll mein Mund dich loben,
Weil mein Herz zu warm dich ehrt.
Tief im Busen aufgehoben
Wohne heimlich mir dein Wert.
Wenn ich wunde Herzen heile,
Jede Stunde besser bin,
Nie im Guten lässig weile;
Dieses Lob nimm dir dann hin.

Liebes Mädchen, deiner Liebe
Dank ich Achtung noch und Wert,
Wenn sich unsre Erdenliebe
Schon in Himmelslust verklärt.
Ohne dich wär ich noch lange
Rastlos auf und abgeschwankt
Und auf meinem Lebensgange
Oft am Überdruß erkrankt.

Wenn nur unsre Mutter wieder
Frisch und ledig bei uns steht
Und im Kreise unsrer Brüder
Stolz die Friedensfahne weht.
Wenn dann noch ein Süßer, Trauter
Unsre Lolly fest umschlang -
O - ! Dann tönt noch zehnfach lauter
Unsres Jubels Hochgesang.

Wenig still durchhoffte Jahre
Leiten unverwandt zum Ziel,
Wo am glücklichen Altare
Endet unsrer Wünsche Spiel,
Uns, auf Ewig Eins, verschwinden
Wölkchen gleich, des Lebens Mühn
Und um unsre Herzen winden
Kränze sich von Immergrün.


-------------

Wem das zuviel Text war, der muss sich nur die letzten zwei Zeilen auf der Zunge zergehen lassen: "Und um unsre Herzen winden, Kränze sich von Immergrün". Hui, was für ein Kitsch! So ein mit Tannenzweigen umranktes Herz schaut auch fast schon urdeutsch bieder aus. Fehlt noch der röhrende Hirsch an der Wand. Sophie, das junge Gemüse, wurde da übrigens gerade erst vierzehn.

Nett ist ein Brief den sie ein halbes Jahr später im Dezember 1796 an Novalis schrieb:



[Widmung]

  pour mons cher Fritz

[1. Seite]

  Guter Hardenberg

Sehen Sie daß ich mein Versprechen
halde und an Sie schreibe, nehmlich
wenn es mir möchlich ist. Wie es mir
geht hat Ihnen wahrscheinlich Lang-
ermann schon geschrieben. Wir kammen
recht wohl und vergnügt an die Kinder
und alles wahr Fietel ich sah zwar alles
nach und nach doch Freude mich alles.
daß Ihre gute Mutter mein Gemälte
haben will schmeigelt mich sehr. Der
Herr Mahler ist nur so gut gewesen
und hatt die beiden Bilder nicht fertig
gemacht

[2. Seite]

doch versprach er es so balt wie
möchlich zu schicken. Es bleibt doch
dabey das Sie nach dem neuen
Jahr kommen? ja ja Sie kommen
gewiß. Küßen und grüßen Sie
alles von mir leben Sie recht
wohl.

  Ihre Sophie


Die kreative Rechtschreibung könnte ganz genauso auch heute von einem legasthenischen Internet-Teenie-Mädchen verwendet werden.

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Post 15.11.2004 18:57 Post
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MetkrugSturmtief
Nerdine


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Registriert: Sep 2004
Beiträge: 754
Bei der ersten Zeile fiel mir sogleich meine Lieblingsarie aus "Die Entführung aus dem Serail" ein:



Wer ein Liebchen hat gefunden,
Die es treu und redlich meint,
Lohn' es ihr durch tausend Küsse,
Mach' ihr all das Leben süsse,
Sei ihr Tröster, sei ihr Freund.
Tralallera, tralallera!

Doch sie treu sich zu erhalten,
Schliess er Liebchen sorglich ein;
Denn die losen Dinger haschen
Jeden Schmetterling, und naschen
Gar zu gern vom fremden Wein.
Tralallera, tralallera!

Sonderlich beim Mondenscheine,
Freunde, nehmt sie wohl in acht!
Oft lauscht da ein junges Herrchen,
Kirrt und lockt das kleine Närrchen,
Und dann, Treue, gute Nacht!
Tralallera, tralallera!

Ungesungen ist sie leider nur halb so schön.
__________________
I'`m afraid my psychic powers are a little bit below par this morning

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Post 15.11.2004 20:49 Post
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lenaluna



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Registriert: Apr 2004
Beiträge: 134
Zitat:
_TylerDurden_ wagte sich mutig in den Bios hinaus:
"Und um unsre Herzen winden,
Kränze sich von Immergrün".

Hui, was für ein Kitsch! So ein mit Tannenzweigen umranktes Herz...

Immergrün, Gemeines
Pflanze: Vinca minor L.
Familie: Hundsgiftgewächse (Apocynaceae)


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Post 15.11.2004 20:51 Post
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Kaylee



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Registriert: Jan 2004
Beiträge: 4029


Spannend fand ich auch…

Zitat:
_TylerDurden_ zitierte Sophie:
(…) Küßen und grüßen Sie
alles von mir (…).


…was genau wird geküsst und was wie gegrüsst?!

IP: Logged

Post 15.11.2004 20:57 Post
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Auriane
Raubtier


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Registriert: Mar 2004
Beiträge: 665
Zitat:
Kaylee schrieb:


Spannend fand ich auch…

Zitat:
_TylerDurden_ zitierte Sophie:
(…) Küßen und grüßen Sie
alles von mir (…).


…was genau wird geküsst und was wie gegrüsst?!

*kicher* Die Formulierung fand ich auch... originell.
__________________
20% der S wollen später K machen und lernen daher alle 3 Fs.

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Post 16.11.2004 12:17 PostEIN GEDICHT
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Player23



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Registriert: Sep 2004
Beiträge: 403
::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

...und beim Licht der Morgensonne
bricht er in die nächste Tonne.
Das war wohl zuviel des Guten!
Was? Das kann man nur vermuten;
denn er spricht nicht, sondern raucht
etwas, das er scheinbar braucht...
Plötzlich sieht er zu mir rüber,
zieht noch mal, und über-
quert die Straße, ich erkenne,
dass ich ihm entgegenrenne!

Wir treffen uns auf halber Strecke.
Er sieht jung aus! Rote Flecke
auf dem Hemd - er lächelt leise
auf sonderbar bekannte Weise -
und in seinen Augen blitzt
etwas wie in Stein geritzt.

:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

.
.
.

IP: Logged

Post 16.11.2004 19:31 PostRe: EIN GEDICHT
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_TylerDurden_



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Registriert: Oct 2002
Beiträge: 2560
Darf ich noch mal darauf hinweisen, dass man sich bitte immer die Mühe eines Kommentares gibt? Vielleicht sogar einer Interpretation? Darf gerne viel sein, muss aber nicht, eine interessante herausgegriffene Zeile reicht. Danke.

Der Mod.


Also Player: Von wem ist das? Selbstgedichtet? Was willst du damit ausdrücken? Warum hast du es gepostet?

Plötzlich sieht er zu mir rüber,
zieht noch mal, und über-
quert die Straße, ich erkenne,
dass ich ihm entgegenrenne!


Uiuiui! Falls du das selbst gereimt hast, möchte ich es diplomatisch formulieren: Das stolpert wie Herzrhythmusstörungen vor dem Infarkt.

IP: Logged

Post 16.11.2004 19:51 PostRe: Re: EIN GEDICHT
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Player23



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Registriert: Sep 2004
Beiträge: 403
Zitat:
_TylerDurden_ schrieb:

Uiuiui! Falls du das selbst gereimt hast, möchte ich es diplomatisch formulieren: Das stolpert wie Herzrhythmusstörungen vor dem Infarkt.



ehm du hast recht, da fehlt eine silbe in der über-zeile.

das holpert aber nur, wenn man keinen flow hat, ansonsten kann man das durch entsprechende agogik bzw pausen wunderbar kompensieren

das ist selbstgeschrieben als ein schlechter witz um 4 uhr morgens. warum ich das gepostet habe? weil das hier der gedichtthread ist. was ich damit aussagen will? und ich dachte immer, die aussage bestimmt der rezipient...

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