16.03.2005 15:20
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Gizmo
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More spoilers!
Zitat: thanil.bernetar schrieb:
Doch wenn ich das richtig sehe, dann spiegelt diese Vision von The Village perfekt die oft gescholtene US-amerikanische Belagerungsmentalität wider, in der die US-Gesellschaft von Angst zusammengehalten wird. Angst vor dem Kommunismus. Angst vor vor namenlosen Aliens. Angst vor gesichtslosen Terroristen. Interessant hierbei, dass diejenigen, die das Sagen haben, diese Angst nur schüren, obwohl sie genau wissen, dass alles nicht so schlimm ist.
"Angst" hätte ich jetzt nicht gesagt, eher "Flucht": Die einzige Gegenwehr für den, der selbst nicht zur Gewalt greifen will.
Denn das Experiment folgt ja nicht aus der ziellosen Angst dessen, der sich nur - grundlos - bedroht fühlt, sondern es stellt eine Abwehrmaßnahme dar gegen sehr reale Gefahren, gegen die direkt erlebte Gewalt. Mit anderen Worten: Ich glaube nicht, dass die Frau, deren ermordete Schwester aus einem Müllcontainer gezogen wurde, vergleichbar ist mit dem amerikanischen Getreidebauern (von dem ich neulich irgendwo im Internet gelesen habe und der vielleicht auch nur schlecht erfunden ist), der sich auf seinem Traktor sitzend Sorgen über seine Bedrohung durch islamische Terroristen macht. Die Dorfältesten versuchen nämlich nicht, ihre Kinder vor rot gewandeten Monstern zu beschützen, sondern vor Mord und Vergewaltigung.
Ob der Regisseur die Absicht hatte, die Belagerungsmentalität der Amerikaner anzuprangern? Möglicherweise. Aber dann hat er meiner Ansicht nach kein wirklich passendes Beispiel gewählt.
Was er natürlich sehr deutlich dargestellt hat, ist die Gesetzmäßigkeit, nach der die Freiheit in dem Maße schrumpft, in dem die Sicherheit wächst. Und das ist so, egal ob eine Bedrohung existiert oder nur vorgegaukelt wird.
Es wäre übrigens interessant gewesen, das Experiment weitergehen zu sehen. Vielleicht habe ich Details vergessen (es ist einige Monate her, dass ich den Film gesehen habe), aber nach meinem Eindruck hätten die Dorfgründer durchaus aussterben, die beiden vorgesehenen Erben als einzige die Wahrheit erfahren und die restliche Gemeinschaft in völliger Unkenntnis ihrer Geschichte leben können. Also hätte nicht einfach die ältere Generation die jüngere mit ihrem Hokuspokus beherrscht, sondern es hätte sich vielleicht wirklich eine unabhängige Gesellschaft mit funktionierenden Strukturen gebildet - wenn man einmal von offensichtlichen Logikfehlern wie der Ernährung auf so kleinem Raum und der zu erwartenden Inzucht absieht.
Auf jeden Fall wird die Beziehung der beiden jungen Hauptpersonen und die Gründe, warum sie zu Erben der Dorfältesten bestimmt wurden, so gut dargestellt, dass sie meiner Ansicht nach ein dem Experiment gleichrangiges Hauptthema des Filmes bilden.
Und die Bilder sind wirklich schön.
Also, wie schon von meinem Vorredner gesagt: Sehenswert!
[Dieser Beitrag wurde von Gizmo am 16.03.2005 um 15:20 editiert]
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17.03.2005 12:27
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thanil.bernetar
Dackinei
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@Mike
Du Dösel! Deutlicher kann man Spoiler nicht markieren...
Zitat: Gizmo schrieb:
More spoilers!
Zitat: thanil.bernetar schrieb:
Doch wenn ich das richtig sehe, dann spiegelt diese Vision von The Village perfekt die oft gescholtene US-amerikanische Belagerungsmentalität wider, in der die US-Gesellschaft von Angst zusammengehalten wird. Angst vor dem Kommunismus. Angst vor vor namenlosen Aliens. Angst vor gesichtslosen Terroristen. Interessant hierbei, dass diejenigen, die das Sagen haben, diese Angst nur schüren, obwohl sie genau wissen, dass alles nicht so schlimm ist.
"Angst" hätte ich jetzt nicht gesagt, eher "Flucht": Die einzige Gegenwehr für den, der selbst nicht zur Gewalt greifen will.
Ich sehe das so, dass Angst ein Gefühl ist, und Flucht eine Handlung. Die Flucht-Handlung kann Folge des Angst-Gefühls sein, sie muss es aber nicht.
Ich denke, dass die Gründung des Dorfes eine Flucht vor der grausamen Realität in der amerikanischen Großstadt (schätzungsweise New York) darstellt. Aber warum fliehen die "Ältesten"? Weil sie ihren Kindern eine bessere Welt schaffen wollen. Es ist eine doppelte Codierung für zwei verschiedene, aber ähnliche Handlungen: Einerseits die Kolonisierungsbewegung des 17. bis 18. Jahrhunderts mit den Pilgervätern, die Europa aus Angst (vor Seuchen, vor religiöser Verfolgung, vor Hunger, etc.pp.) und Hoffnung (auf ein neues, besseres Leben in der Ferne) verlassen, andererseits für die seit einigen Jahrzehnten in den USA zu beobachtende Abwanderungsbewegung von den urbanen Zentren hin zur ruralen Peripherie der Städte, also hinein in die neu entstehenden Vorstädte, dem Hort des amerikanischen Konservatismus.
Zitat: Gizmo schrieb:
Denn das Experiment folgt ja nicht aus der ziellosen Angst dessen, der sich nur - grundlos - bedroht fühlt, sondern es stellt eine Abwehrmaßnahme dar gegen sehr reale Gefahren, gegen die direkt erlebte Gewalt. Mit anderen Worten: Ich glaube nicht, dass die Frau, deren ermordete Schwester aus einem Müllcontainer gezogen wurde, vergleichbar ist mit dem amerikanischen Getreidebauern (von dem ich neulich irgendwo im Internet gelesen habe und der vielleicht auch nur schlecht erfunden ist), der sich auf seinem Traktor sitzend Sorgen über seine Bedrohung durch islamische Terroristen macht. Die Dorfältesten versuchen nämlich nicht, ihre Kinder vor rot gewandeten Monstern zu beschützen, sondern vor Mord und Vergewaltigung.
Das ist sicher im Grundsatz richtig, aber eben auch anfechtbar, denn vor einem realen Mord an einem Familienmitglied kann man nicht fliehen. Man kann nur vor einer unbestimmten, aber noch nicht eingetretenen Bedrohung fliehen. Die Wahrscheinlichkeit, einem Gewaltverbrechen anheimzufallen, ist in einer Großstadt wie New York sicherlich nicht zu vernachlässigen, aber sie ist auch nicht so evident und bedrohlich, dass man mit Sicherheit davon ausgehen kann, dass es einen bald treffen wird. Insofern ist die Fluchtbewegung meiner Meinung nach auch eine Kapitulation und nicht zwangsläufig positiv zu werten. Dadurch, dass Menschen, die gesetzestreu sind und sich um die Zukunft ihrer Nachkommen scheren, der Stadt den Rücken kehren, schwächen sie schließlich auch deren Abwehrkräfte gegen Kriminalität und Alltagswahnsinn.
Zitat: Gizmo schrieb:
Ob der Regisseur die Absicht hatte, die Belagerungsmentalität der Amerikaner anzuprangern? Möglicherweise. Aber dann hat er meiner Ansicht nach kein wirklich passendes Beispiel gewählt.
Was er natürlich sehr deutlich dargestellt hat, ist die Gesetzmäßigkeit, nach der die Freiheit in dem Maße schrumpft, in dem die Sicherheit wächst. Und das ist so, egal ob eine Bedrohung existiert oder nur vorgegaukelt wird.
Ich denke nicht, dass der Regisseur die Wagenburg-Mentalität der Amerikaner anprangern wollte. Aber der Film ist für mich dennoch ein guter Ausdruck dieser Mentalität. Meine Interpretation ist sicher gegen die Autorintention (bzw. nicht gegen sie, sondern nicht von ihr gedeckt), aber vielleicht nicht ungültig. Der Film erscheint mir von seinen Prämissen und seinen Schlußfolgerungen her ein Ausdruck dieser Mentalität zu sein, vielleicht sogar ein gänzlich ungewollter. Umso interessanter finde ich ihn!
Zitat: Gizmo schrieb:
Es wäre übrigens interessant gewesen, das Experiment weitergehen zu sehen. Vielleicht habe ich Details vergessen (es ist einige Monate her, dass ich den Film gesehen habe), aber nach meinem Eindruck hätten die Dorfgründer durchaus aussterben, die beiden vorgesehenen Erben als einzige die Wahrheit erfahren und die restliche Gemeinschaft in völliger Unkenntnis ihrer Geschichte leben können. Also hätte nicht einfach die ältere Generation die jüngere mit ihrem Hokuspokus beherrscht, sondern es hätte sich vielleicht wirklich eine unabhängige Gesellschaft mit funktionierenden Strukturen gebildet - wenn man einmal von offensichtlichen Logikfehlern wie der Ernährung auf so kleinem Raum und der zu erwartenden Inzucht absieht.
Auf jeden Fall wird die Beziehung der beiden jungen Hauptpersonen und die Gründe, warum sie zu Erben der Dorfältesten bestimmt wurden, so gut dargestellt, dass sie meiner Ansicht nach ein dem Experiment gleichrangiges Hauptthema des Filmes bilden.
Was mich auch noch gewundert hat, das war die eindeutige Verknüpfung der "Ursünde" mit dem geistigen Makel des Dorf-Deppen (dessen Namen ich leider vergessen habe). Er greift aus Eifersucht den Geliebten von Ivy, der blinden Hauptfigur, an. Er ist derjenige, der später auch Ivy angreift und von ihr in einem beispiellosen Kraftakt besiegt und damit getötet wird. In meinen Augen stellt dies eine sehr problematische Verknüpfung dar, die vielleicht Rückschlüsse auf die gesellschaftliche Haltung des Films zuläßt. Um zu präzisieren: die perfekte Gesellschaft wird als reale Möglichkeit dargestellt und begriffen, doch sie wird aus ihrem Inneren hinaus bedroht von einem Menschen, der einen geistigen Defekt hat. Dies ist eine zutiefst konservative Weltsicht. Der Verbrecher wird sozusagen überhaupt nicht mehr als Produkt der Gesellschaft begriffen, sondern als "fauler Apfel", der eben aussortiert (getötet?) werden muss. Die Gesellschaft ist perfekt, und somit muss alles, was irgendwie schief geht, auf den individuellen Defekt eines Individuums zurückzuführen sein. Das System bleibt davon unbetroffen und ist sozusagen über jeden Zweifel erhaben. Äußerst gefährliche Weltsicht, meiner Meinung nach!
Hinzu kommt noch eine latent rassistische Dimension des Films: die dargestellte perfekte Gesellschaft ist eine reine Gesellschaft von Euro-Amerikanern, also "Weißen" (den sog. caucasians). Sicherlich dient dies auch dazu, den anfänglichen Täuschungseffekt gegenüber dem Zuschauer, es handele sich um eine reale Gesellschaft des 19. Jahrhunderts, zu verstärken. Aber dennoch ist es relevant, dass diese Gesellschaft auch "rassisch" homogen dargestellt wird. Wir sehen also, dass der Film auch so einige Untiefen bereithält.
Dass übrigens dem geistig beschädigten Gewalttätigen andererseits Ivy als körperlich behinderte Frau gegenübersteht, muss nicht unbedingt als Relativierung angesehen werden. Denn ihre Blindheit funktioniert auf einer ganz anderen Ebene als die geistige Zurückgebliebenheit ihres "Häschers" ( ). Sie ist Ausdruck von Unschuld, von Würde und von Mut. Sie ist der Inbegriff des Schützenswerten. Die Unschuld in Person, die noch dazu als Retter fungiert.
Zitat: Gizmo schrieb:
Und die Bilder sind wirklich schön.
Also, wie schon von meinem Vorredner gesagt: Sehenswert!
Stilistisch ist er äußerst sehenswert. Eine schöne Atmosphäre wird erzeugt, auch wenn ich mich manchmal über die geschwollene Ausdrucksweise gewundert habe.
Der Film funktioniert vielleicht auch als (wiederum ungewollte?) Metapher auf die in unserer Zeit so vorherrschende Realitätsflucht, sei es in Form von Mittelalter-Märkten, Live-Rollenspielen oder auch des kontemplativen Selbst-Versenkens in alternative Welten und Existenz-Sphären (z.B. durch Esoterik oder ungehemmten Filmkonsum).
[Dieser Beitrag wurde von thanil.bernetar am 17.03.2005 um 12:27 editiert]
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Naughty have been my dreams of late...
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17.03.2005 20:46
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Gimli,der Zwerg
Schantall
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Zitat: pfeifenkrautler schrieb:
Eher nicht.
Der erste Teil ist die Verfilmung des gleichnamigen Romans von Mario Puzo, der auch bei allen Teilen am Drehbuch beteiligt war. Das Buch gibt's in der Bild-Bestseller-Bibliothek für 5 €. Könnte interessant sein.
Hab' ich geschenkt bekommen und gelesen. Man versteht vieles sehr viel besser und entdeckt Kleinigkeiten, die einem sonst niemals aufgefallen wären. Beim Lesen denkt man "Also das fehlt aber im Film", um dann beim Filmschauen festzustellen, dass es doch nicht einfach so weggelassen wurde. Michaels laufende Nase zum Beispiel.
Aber was genau verfilmt wird hast du nicht ganz richtig beschrieben. Eine komplette Verfilmung wird der erste Teil nur in Kombination mit den Rückblicksepisoden aus dem zweiten Teil, die auch schon im Buch ausführlich beschrieben werden.
Und der dritte Teil ist sowieso nur aus Geldnot entstanden. Aber die Gründe sind mir egal, es bringt der Geschichte etwas die Dinge aus dem dritten Teil zu zeigen, daher hat auch diese Fortsetzung ihre Existenzberechtigung.
MfGimli
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Giv'em hell!
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18.03.2005 19:34
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pfeifenkrautler
Honk
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Ahh... es ist soweit: die Mutter der Hawaiihemden auf DVD!
*haben will*
Hab kein Geld. AArgghh..
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23.03.2005 10:51
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pfeifenkrautler
Honk
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Irgendwelche Meinungen zu Die Tiefseetaucher? Alle Kritiker finden ihn toll, Rüdiger Suchsland hasst ihn (launige Kritik, zweite von oben ). Ich fand den Trailer albern, er machte mir keine Lust, reinzugehen, aber die Bilder könnten toll sein. Vielleicht sollte ich mir erst die "Royal Tenenbaums" ausleihen, um mich auf den Stil vorzubereiten.
Heute hätte ich die letzte, wahrscheinlich unwiderbringliche Gelegenheit, Finding Neverland im Original im Kino zu sehen. Andererseits gibt's ihn wahrscheinlich in 2 Wochen in der Videothek. Weiß nicht. Außerdem fürchte ich Kitsch.
Dafür läuft jetzt Reine Chefsache (In good company), dessen frühlingsfrischen Trailer ich schon mal verlinkt hatte. Die Kritiken sagen, ja, federleicht bis seicht, aber charmant und gekonnt umgesetzt. Ich brauch noch eine Alibifrau, die mitgeht, das ist so ein Film, wo ich nicht allein reingehe und sicher keinen Kumpel finden werde (gilt eigentlich auch für Neverland, damit hat sich das auch erledigt).
Robots konnte grafisch interessant sein, aber da brauch ich dann ein Alibikind für. Und morgen läuft Million dollar baby an, wer von euch schaut sich den an? Ich wahrscheinlich schon, und wenn nur, um mitreden zu können.
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23.03.2005 12:29
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Kaylee
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Also Tiefseetaucher und In good company find ich interessant… the royal Tenenbaums waren klasse skurril. *ggg*
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Tiefkühlhähnchen, die durch die Stratosphäre wirbeln, zählen zu den Mysterien unserer Existenz.
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23.03.2005 13:12
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thanil.bernetar
Dackinei
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Royal Tenenbaums - Habe ich mal angefangen auf Premiere zu gucken. Der Film war schnarchlangweilig. Und das sage ich echt selten über irgendeinen Film. Ich habe keinerlei Zugang dazu gefunden und dann nach einiger Zeit abgeschaltet. Das ist tödlich selten, dass ich einen Film nicht komplett gucke.
Million Dollar Baby - Eigentlich sind Eastwood-Filme eine sichere Bank bei mir, aber andererseits finde ich Boxer-Filme ziemlich öhm, weshalb ich ein wenig im Zwiespalt bin.
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23.03.2005 13:28
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Psycho Dad
der letzte Schurke
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Zitat: thanil.bernetar schrieb:
Royal Tenenbaums - Habe ich mal angefangen auf Premiere zu gucken. Der Film war schnarchlangweilig.
Echt? Ähnelt er den üblichen Ben Stiller-Filmen, oder ist er deutlich anders?
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Schurkenforum

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23.03.2005 14:09
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pfeifenkrautler
Honk
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Kaylee, schaust du mit mir "In good company" an? Bitte..
Ich schau am Karfreitag "Meet the feebles" und "Bad taste".. 
Endlich! Freu mich schon. Wär auch was für thanil, wird ganz sicher nicht FRANZÖSISCH.
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