26.11.2004 13:54
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thanil.bernetar
Dackinei
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Endlich mal ein Film, bei dem ich mitreden kann. Once upon a time in the west (saudämlicher deutscher Name: Spiel mir das Lied vom Tod; war das eigentlich der Beginn der Ära dümmlicher deutscher [Unter]Titel?) ist einer meiner absoluten Lieblingsfilme, und ich würde eine Jungfrau opfern, um ihn mal in OV in einem richtig großen Kino sehen zu können. Wahnsinn!
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Naughty have been my dreams of late...
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26.11.2004 14:13
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pfeifenkrautler
Honk
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Ich hab ihn schon zweimal im Kino gesehen, hähä.. aber nur die Synchro.
Was soll ich als nächstes sehen, "Der Marshal" mit John Wayne, "Carmen" von Carlos Saura oder endlich mal "Back to the future" im Original?
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26.11.2004 14:20
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Triskel
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Schau "Chinatown" und sag mir ob ich den nächste Woche schauen soll...
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26.11.2004 15:01
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pfeifenkrautler
Honk
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Da hab ich das Sequel gesehen, aber nicht viel verstanden.
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28.11.2004 16:50
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pfeifenkrautler
Honk
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Er will nur spielen..
Ich habe endlich eine schmerzhafte Bildungslücke geschlossen und mir Kubricks Shining zugelegt. Toller Film, grandios! Und das, obwohl es gerade solche Megaklassiker schwer haben, wenn man sie dann zum ersten mal, vollgepumpt mit Erwartungen und Vorstellungen, anschaut. Wie toll muss es gewesen sein, ihn als nichtsahnenden Kinogänger 1980 erstmalig zu sehen!
Jack Nicholson ist der Star, ganz klar, und auch wenn sein Spiel mitunter schon grotesk überzogen ist, ist es doch schön, ihn mal wieder eine Rolle spielen zu sehen, und nicht nur sich selber. Wann hat er eigentlich aufgehört, verschiedene Figuren darzustellen? Bei Nicholson geht's mir ähnlich wie mit Robert de Niro: absolute Giganten mit viel zu vielen mittelmäßigen Filmen. Beide hatten ihre große Zeit in den 70ern und frühen 80ern und beide spielen seit 20 Jahen nur noch sich selber, das ist schade (Ausnahmen machen Hoffnung: De Niro in "Jackie Brown" und Nicholson in "About Schmidt", es geht also doch noch).
Der Film soll stark vom Buch abweichen, ich hab es mal gelesen, aber das ist so lange her, dass ich nur mit Sicherheit sagen kann, dass das Ende sich stark unterscheidet. Und dass mir das gefällt, denn die Showdowns sind immer Stephen Kings größte Schwäche. Ich würde mal etwas ins Blaue hinein formulieren, dass Kubrick hier wie auch bei "2001" aus einem soliden Vertreter der Trivialliteratur etwas Anderes, Größeres gemacht hat. Er bediente sich der Ideen origineller, aber eher zweitklassiger Autoren wie Clarke und King, und formte aus ihnen radikal neue Ansichten seines filmischen Kosmos'. Vieles bei "Shining" erinnert an "2001", die endlosen Einstellungen, die psychedelischen Farben, die weiten Räume, die Stille, die Klaustrophobie, die wenigen Protagonisten, der langsam sich einschleichende Wahnsinn... besonders deutlich in der Szene in der Toilette des "Golden Rooms" mit dem Butler/Geist: die popart-artige rot-weiße Bemalung, das kalte, gleißende Licht, die ruhige, eiskalte, unmenschliche Stimme des Butlers, man sieht förmlich HAL vor sich, wie er seine guten Ratschläge gibt, "Warum nehmen Sie nicht eine Beruhigungstablette und legen sich etwas hin..?" *gänsehaut*
Auf der anderen Seite hatte ich den Eindruck, dass Kubrick das eigentliche Genre des Horrors gar nicht besonders lag, die klassischen, nervenzerfetzenden Horrorzutaten benutzt er eher sparsam, sein Grusel spielt sich im Gehirn des Zuschauers ab. Die Badewannenszene mit der alten Frau z.B ist ziemlich trashig, ich hatte das Gefühl, er fühlte sich hier nicht ganz wohl in seiner Haut und drehte sie als "Pflichtsplatterszene" rasch runter. Vielleicht hat er sie auch aus einem italienischen Zombiefilm reingeschnitten..? Seine besten Szenen sind die ohne viel Blut, in denen er klassischen Thrill inszeniert: Die "Mit der Axt duch die Tür"-Szene ist eine Ikone des Schreckens, die ins kollektive Unterbewusstsein einging, wie vielleicht nur noch die Duschszene in "Psycho".
Und wenn die Kamera durch die endlosen Flure des Raumschiffs, äh, des Hotels fährt und die grellen Farbmuster der Auslegeware an uns vorbeiflitzen wie das Sternengefunkel in "2001" (ich kann's nicht lassen..), ist Kubrick wieder voll in seinem Element und erschafft aus den wenigen Zutaten, die er hat, aus einem Hotel, Schnee und drei Menschen, ein Meisterwerk, das völlig zu recht Filmgeschichte schrieb. Man merkt wieder, er war ein "optischer" Regisseur, der ganze Film ist wahnsinnig ästhetisch, jede Szene, jede Einstellung ist durchkomponiert, von der atemberaubenden Bergszenerie des Titelspanns über das verwirrend-opulente Innenleben des Overlook-Hotels bis zur nächtlichen Schneehölle des Finales. Das Licht, die Farben, die Inszenierung des Raums...das findet sich bei ihm durchgehend, von "2001" bis "Eyes wide shut", dieses Phänomen, dass ich immer wieder spontan denke, "DAS jetzt als Poster!"
Ich glaub, ich muss ihn mir gleich nochmal anschauen.
EDIT:
Besonders "scary" fand ich ihn nicht, aber dafür war ich sicher viel zu verspoilert. Er ist kein klassischer Horrorfilm, sondern vielleicht eher die Psychostudie eines Mannes, der den Verstand verliert, eine zynische Satire auf amerikanische "family values", ein rabenschwarzer Witz (Humor ist auf jeden Fall drin, Nicholsons Grimassen sind unbestreitbar komisch)..oder kurz gesagt: ein Kubrick-Film. Das ist quasi ein Genre für sich.
"2001" ist auch kein klassischer Sciencefiction und "Full metall jacket" mehr als ein Kriegsfilm, bei Kubrick überscneiden sich immer verschiedenste Elemente, die nur schwer auseinanderzudröseln sind. Er war halt ein Genie, so jemand muss man nicht mögen, menschlich muss er ein ziemlicher Arsch gewesen sein und "Clockwork Orange" fand ich einfach nur abstoßend (würde aber nie sagen, dass es kein guter Film ist). Kubrick macht es einem nie leicht, und das ist sicher ein Teil seines Genies.
Bei "Nachtwache" hatte ich die Hosen voll und den viel geschmähten "Psycho II" fand ich eigentlich auch grusliger als "Shining", DAS sind eben Thriller. Aber keine Kubricks.
[Dieser Beitrag wurde von pfeifenkrautler am 28.11.2004 um 16:50 editiert]
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28.11.2004 18:11
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Kaylee
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Wooow! *verneiig*
Jetzt weiss ich endlich, was für einen Eindruck ich von dem Film hatte.
Besonders dieser SatzZitat: der pk schrieb:
Er ist kein klassischer Horrorfilm, sondern vielleicht eher die Psychostudie eines Mannes, der den Verstand verliert, (…)
erlöst mich von meinen jahrelangen Qualen der Befürchtung, nicht normal Horrorfähig zu sein, nachdem ich mich bei 'shining' trotz aller Faszination nicht richtig gruseln konnte…
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28.11.2004 22:28
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pfeifenkrautler
Honk
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Registriert: Mar 2004
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Hab mal bei imdb gestöbert und einige interessante Gedanken gefunden. Neben vielen Lobpreisungen gibt es totale Verrisse, einer gibt dem Film als einzigem Film überhaupt 1 Punkt (d.h., er findet die "7 Zwerge" besser als "Shining"). Naja.
Ich hab das Gefühl, je beliebter und berühmter ein Film ist, umso irrationaler und hasserfüllter sind die Verrisse. Man muss den Film nicht gutfinden, man kann kritisieren, dass er als Horrorfilm nicht viel taugt, dass der Schnitt merkwürdig ist, die Musik überladen, der Plot lückenhaft, Nicholson maßlos übertreibt, Kubrick sich wiederholt, bildverliebt die Substanz vernachlässigt und das Buch sowieso viel besser ist, okay, aber 1 Punkt?? Man muss, wenn man sich ernsthaft über Filme unterhalten will, zumindest die künstlerische und handwerkliche Qualität anerkennen.
2 interessante Interpretationen, mal grob zusammengefasst:
Kubrick ist "zivilisationsmisstrauisch": In "2001" wird in der ersten Filmhälfte der menschliche Fortschritt gefeiert, doch die optimistische Zukunftsvision wird in der zweiten Hälfte systematisch demontiert. Der Mensch hat seine Technik nicht im Griff und ist einfach noch nicht soweit, das Weltall zu erobern.
In "Shining" wird der Gedankengang fortgesetzt, diesmal auf die amerikanische Zivilisation bezogen: Die Kernzelle der Gesellschaft, die Familie, übernimmt die Pflege eines gigantischen, prunkvollen Hotels in den Bergen, erbaut um die Jahrhundertwende, gegen indianischen Widerstand, ein Symbol amerikanischen Pioniergeists. Zwei klassische Symbole amerikanischer Kultur treffen aufeinander, die "familiy values" und die "Last border"-Mentalität. Und dann wird das hehre Bild wiederum systematisch demontiert, der amerikanische Traum wird zum Albtraum. Jack Torrance verkörpert die "alten Werte", die patriarchalische Familienordnung, die Aggressivität, die Maskulinität. Er versucht mit Gewalt zusammenzuhalten, was auseinander fällt: seine Familie und seinen Verstand. Je mehr ihm sein Leben unter den Fingern zerrinnt, umso gewalttätiger und zerstörerischer wird er, statt seinen Irrweg zu erkennen und Hilfe von außen anzunehmen, isoliert er sich und seine Familie und versucht, die Entwicklung zu "korrigieren". So wie Grady, sein Vorgänger, seine Frau und seine Töchter "korrigiert" hat. Gegen Torrances Destruktivität müssen sich die Schwachen behaupten, die Frau, das Kind und der "Nigger". Torrance und Grady stehen so für die reaktionäre amerikanische Gesellschaftsordnung, die mit Reagans Wahlsieg im gleichen Jahr ihr Comeback feierte.
"Shining" könnte als sarkastisch-pessimistischer Kommentar auf den Rechtsruck der frühen 80er verstanden werden, nach dem Motto, "Seht her, so prima funktionieren übrigens eure alten Werte!"
Kubrick ist ein Sexist: Eine andere Sichtweise sagt, dass der Film (wie angeblich alle Kubrickfilme) zutiefst frauenfeindlich sei, denn Torrance ist trotz allem sowas wie der Sympathieträger. Er ist charmant, witzig und seine Wut macht Spaß, durchaus. Seine Familie gängelt ihn, seine Frau ist eine hysterische Ziege und sein Sohn eine altkluge Nervensäge. Die Sympathien sind so deutlich verteilt, dass uns Kubrick, so die Theorie, quasi zwingen will, uns zumindest unterbewusst auf Torrances Seite zu stellen und zu hoffen, dass er seinen "Korrekturauftrag" doch noch zu Ende führt. Und sein Tod im Schnee ist ja auch tatsächlich etwas traurig. Er ist der klassische Mann, der eigentlich nur seine Ruhe will und welcher Mann hat nicht auch schon mal davon geträumt, eine Tür mit einer Axt zu zerschmettern? Ich geb zu, die Szene hat was. Äxte und Kettensägen...
Kubrick spielt demnach mit der reaktionären Bestie in uns allen, mit den untersten Schichten des Stammhirns, mit unseren dunkelsten Seite.. auch nicht schlecht.
Kurzum: Kaylee, du brauchst dir keine Sorgen zu machen, wenn du "Shining" nicht gruslig fandest. Darum geht's gar nicht.. 
[Dieser Beitrag wurde von pfeifenkrautler am 28.11.2004 um 22:28 editiert]
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28.11.2004 21:24
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MetkrugSturmtief
Nerdine
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Registriert: Sep 2004
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Jetzt, wo pk soviel Worte an den Film "verschwendet" (das Wort soll in diesem Fall natürlich positiv besetzt sein, Einzelheiten im Bedarfsfall bei Kaylee erfragen ) hat, muß ich ihn mir wohl auch mal anschauen. Dia ganze Mühe soll ja nicht umsonst gewesen sein.
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I'`m afraid my psychic powers are a little bit below par this morning
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28.11.2004 22:27
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pfeifenkrautler
Honk
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Registriert: Mar 2004
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5,99 € bei Zweitauseneins 
Aber jetzt bist du leider völlig verspoilert und wirst dich kein bißchen gruseln..
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