23.05.2004 19:33
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Ramujan
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Verlassener Wald,
nur der Jäger harrt im Grün.
Ein Hase greift an.
IP: Logged
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23.05.2004 21:49
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Ramujan
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Früher Spaziergang.
Kinder finden Hasennest,
Blutige Löffel.
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24.05.2004 00:22
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Gimli,der Zwerg
Schantall
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Ein Haiku .. drei reimlose Verse à fünf, sieben und nochmal fünf Silben, oder? Ich hoffe das ist richtig ...
Zerstörte Liebe
Aus weidwundem Herz tropft Blut
Es scheint zu vergehn
MfGimli
PS: Herzschmerz & Co. waren schon immer die besten Themen für Musik, Lyrik und Kunst aller Arten.
__________________
Giv'em hell!
IP: Logged
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24.05.2004 01:53
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RV
Krampfhenne
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Stil-le Nacht-ru-he
weil die an-de-ren schla-fen
nur noch fünf hier. Schluchz.
__________________
Wegen Hirnüberanstrengung geschlossen.
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25.05.2004 17:03
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_TylerDurden_
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Zitat: Gimli,der Zwerg schrieb:
Ein Haiku .. drei reimlose Verse à fünf, sieben und nochmal fünf Silben, oder? Ich hoffe das ist richtig ...
Zerstörte Liebe
Aus weidwundem Herz tropft Blut
Es scheint zu vergehn
Nicht schlecht.
Das Schema 5-7-5:
Muss man übrigens nicht sklavisch einhalten. Denn "Silben" sind im Japanischen nicht immer identisch mit dem was wir darunter verstehen. Je nach Sprache kann man auch unterschiedlich viel Inhalt vermitteln. Z.B. braucht man im Deutschen mehr Wörter als im Englischen, um etwas auszudrücken.
Jedenfalls ist die Kürze und Klarheit und Rythmus wichtiger als die Silbenanzahl. Bisher hielt ich mich aber daran, es macht Spaß mit den Worten zu spielen und zu tüfteln bis es passt.
Außerdem hätte ich trotz allem dann das Gefühl es nicht richtig zu machen.
Der Inhalt:
1.Ein "klassisches" Haiku beschreibt ein Naturerlebnis zu einer Jahreszeit.
2.Es beschäftigt sich nicht mit Gedanken oder Vorstellungen, nicht mit allgemeinen Betrachtungen, sondern mit dem beobachtbaren Geschehen des Augenblicks. ZEN eben.
3.Es muss sich irgendwas bewegen, damit das Bild interessant ist. Instinktiv hast du das erkannt mit der Zeile "Aus weidwundem Herz tropft Blut". Um Spannung zu erzeugen kann man auch zwischen zwei Gegenteilen Spannung erzeugen. RossVipe hat das mit "Schlafen/Wachsein" getan.
4.Ein gelungenes Haiku vervollständigt sich erst im Leser, ohne dass der Autor eine Deutung dem Leser unterschiebt.
Puh! Ziemlich anspruchsvoll, oder?
Einen wirklich perfekten Haiku postete Ramujan:
Verlassener Wald,
nur der Jäger harrt im Grün.
Ein Hase greift an.
IP: Logged
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30.07.2004 19:01
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pfeifenkrautler
Honk
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In der Sommernacht.
Hat der große Hund mehr Angst
oder das Auto?
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30.07.2004 21:35
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pfeifenkrautler
Honk
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Okay, der war nicht so doll..mal die Meister bemühen: Drei große Haikudichter kennt in Japan jedes Kind, Basho, Buson und Issa.
Bashon lebte im 17. Jahrhundert und war sowas wie der "Johann Sebastian Bach" des Haikus. Seine Haiku sind ernst, getragen, makellos. Von ihm stammt der berühmteste aller Haiku, der "Ur-Haiku" sozusagen:
Der alte Teich.
Ein Frosch springt hinein -
das Geräusch des Wassers.
Er hat mit seinem strengen, fast religiösen Stil die japanische Dichtkunst umgekrempelt und alles Höfische und Verspielte daraus verbannt.
Abend im Herbst.
Auf einem dürren Ast
hockt eine Krähe.
Derart zu reduzieren muss man sich erstmal trauen.
Nichts
im Gesang der Grille verrät,
wie bald sie sterben wird.
Tod und Vergänglichkeit war für ihn (wie auch zeitgleich für die Barockdichter Europas) ein wichtiges Thema. Das ist alles kein Spaß.
Diesen Weg
geht niemand
an diesem Herbstabend.
Aber er konnte auch "down to earth" sein.
Flöhe, Läuse,
die Pferde pissen nahe
bei meinem Kissen.
Puh..durchatmen, jetzt wird es etwas freundlicher. Buson, 18. Jahrhundert, war den irdischen Freuden mehr zugetan. Er ist berühmt für seinen poetischen Stil und seine Empfindsamkeit:
Winterregen.
Eine Maus läuft über die Saiten
der Mandoline.
Bei ihm darf es sogar mal nach Liebelei klingen:
Du gehst -
wie lang der Weg ist und wie
grün das Laub der Weide.
Er schätzte gutes Essen und Trinken...
Nach dem Essen
einzuschlafen und ein Ochse werden,
unter den Pfirsichblüten.
...und hielt sich anscheinend gern in Wirtshäusern auf:
"Ein Nachtquartier!"
rief er und warf sein Schwert hin.
Draußen Schneegestöber.
Ein musischer Geist:
Der Wintersturm
bläst kleine Steine
gegen die Tempelglocke.
So, jetzt wird's lustig, jetzt kommt mein persönlicher Liebling, Issa, der Clown unter den Haikudichtern. Sein Leben im späten 18. und frühen 19. Jhdt. war geprägt von Armut, Entbehrung und Leid, sein verschrobener, mitunter grimmiger Witz war seine Waffe. Er ließ sich nie unterkriegen, führte den Humor in das Haiku ein und eroberte diese einst eher höfische Tradition nun vollends für den kleinen Mann. Seine Haiku sind bodenständig und simpel, ein spöttelnder Blick aufs Leid der Welt.
Beim Licht des Nachbarn
sitze ich an meinem Tisch.
Oh, diese Kälte!
Jahrmarkt -
die andern fragen mich:
"Warum bist du gekommen?"
Wie gesagt, er war sehr arm.
Wenn die Leute kommen,
werd zum Frosch,
kleine gekühlte Melone!
Der Ärmste..Essen war ihm wichtig, aber in einer viel existenzielleren Weise als bei Buson.
Die letzten
noch nicht aufgefressenen Gänse
schrein im Frühlingsregen.
Bei ihm gibt es sogar sowas wie Sex:
Im Frühlingsregen
gähnt sie lang und breit,
das schöne Mädchen.
Er mochte die kleinen Leute in den kleinen Dörfern:
Der Schnee ist geschmolzen.
das Dorf läuft über
von Kindern.
Er symphatisierte mit den Schwachen und Kleinen und spöttelte über die hohen Herren:
Aus dem Weg, Spatz,
aus dem Weg!
Herr Pferd kommt!
Ja, Schnecke,
besteig den Fuji, aber
langsam, langsam!
Ich will mich umdrehn,
Heuschreck,
rück!
Einer meiner Lieblingshaiku, fast schon schwarzer Humor:
Magerer Laubfrosch,
lass dich nicht unterkriegen!
Sieh, ich steh dir bei: Issa!
Aber natürlich war er auch Zen-Dichter durch und durch:
Ein warmes Bad,
ein Gebet zu Buddha -
ein Kirschblütenzweig.
Oder, ganz klassisch:
Ein Mensch,
eine Fliege,
im Raum.
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31.07.2004 01:23
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pfeifenkrautler
Honk
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Registriert: Mar 2004
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Ich hab mein Haiku-Heft wiedergefunden..hab sowas auch mal selber geschrieben. Die meisten sind grauslig. Mmhh..aber immerhin bezogen sie sich auf reale Situationen.
Lustig..wenn ich sie jetzt lese, erinnere ich mich genau an die Szenen. Keine schlechte Art, Momente zu konservieren. In gewisser Weise sind Haiku die Polaroids der Vergangenheit.
Der hier ist nicht zu peinlich:
Die fremde Sonne,
die ihre Haut verbrannte,
wärmt nun auch mich noch.
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31.07.2004 19:03
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Mike Hat
Moderator
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Registriert: Jun 2001
Beiträge: 1852
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Rauschende Spülung,
Hände beim Pinkeln benetzt.
Seifenspender leer.
Ohgottohgott, ich hör ja schon auf...
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31.07.2004 21:16
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_TylerDurden_
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Zitat: pfeifenkrautler schrieb:
Der hier ist nicht zu peinlich:
Die fremde Sonne,
die ihre Haut verbrannte,
wärmt nun auch mich noch.
Den finde ich sogar ziemlich gut. Und überraschend vieldeutig.
Poste doch mal einen peinlichen Haiku von dir! *forder*
@MikemitHut
*uglylol*
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