24.08.2004 20:02
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_TylerDurden_
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Das böse Hollywood mal wieder:
Viele Köche verderben die Schlacht
Entschärft: Warum Regisseur Antoine Fuqua sich von seinem neuen Film "King Arthur" distanziert.
Von Miriam Schaghaghi
London - Es sollte ein Epos werden, das dem Krieg ein grauenvolles Gesicht gibt. Regisseur Antoine Fuqua ("Training Day") hatte "King Arthur" als Horrorfilm mit Blut und Gewaltszenen konzipiert, der drastisch demonstriert, dass die Ritter der Tafelrunde sich erst mit dem Bösen auseinander setzen müssen, um Gutes zu tun. Was indes morgen in die Kinos kommt, ist eine weitaus zahmere und gewaltfreiere Version: ein Popcorn-Epos, das für Teenies ab zwölf Jahren freigegeben ist, das mit dem britischen Jung-Star Keira Knightley garniert ist und das statt des Ringens um Ideale nur wertleere Action inszeniert.
Am Rande der Londoner Premiere machte Fuqua publik, was seine Kehrtwende ausgelöst hatte. "In der Mitte des Drehs beschlossen die Disney-Studiobosse, aus der Legende um König Arthur einen Familienfilm zu machen, um mit einer größeren Zielgruppe ihre Einnahmemöglichkeiten zu erhöhen", erklärt der 38-Jährige. 100 Millionen Dollar soll "King Arthur" gekostet haben, produziert wurde die actiongeladene Saga von Kinokassen-König Jerry Bruckheimer. Doch in den USA ist der potenzielle Blockbuster hinter den Erwartungen der Studios und Kinobetreiber zurückgeblieben und wird in der Presse als "kostspielige Enttäuschung" bezeichnet.
Fuqua - so etwas ist selten - distanziert sich offen von der jetzigen Fassung. "Ich habe Verständnis für kommerzielles Denken", räumt er ein. "Hätte man von vornherein einen Kinderfilm gewollt, hätte ich ihn ohne Probleme so konzipiert. Aber es ist eine Tortur, seine über anderthalb Jahre geplante Umsetzung inmitten der Dreharbeiten zu unterbrechen und eine 180-Grad-Wende machen zu müssen!"
Die Karriere des Afroamerikaners begann mit Musikvideos, doch der Erfolg langweilte ihn schnell. "Mir wurden zum Schluss nur noch HipHop-Videos angeboten", erinnert sich der Filmemacher. "Darin waren immer nur teure Autos und Frauen in Tangas zu sehen. Ich hatte die Nase voll von diesen Stereotypen."
Sollte nun der Kampf um "King Arthur" Fuquas Waterloo werden? Die größten Kompromisse musste Fuqua in der Explizitheit des Kampfes zwischen Arthurianern und dem barbarischen Sachsenheer eingehen. Ohne jedoch die Auswirkungen der Gewalt zu demonstrieren, verkümmern diese Szenen zur reinen Kampf-Choreographie. Sie mögen noch so spektakulär in Szene gesetzt sein, wie die Konfrontation auf dem brüchigen Eis eines zugefrorenen Flusses. Die erhoffte Wertediskussion jedoch lösen sie nicht aus.
"Als wir drehten, konnte man auf CNN sehen, wie Menschen im Irak der Kopf abgeschlagen wird", erinnert sich Fuqua. "Genau solche Bilder hätte ich zum Anlass genommen, den Film in meiner Vision zu zeigen. Denn Krieg ist nun mal grausam." Dass die Ritter Arthurs ihren aussichtslosen Kampf gegen die Sachsen - unter ihnen auch ein monoton-grimmiger Til Schweiger - für sich entscheiden, war dem Mickymaus-Konzern noch zu wenig Happy End: Disney entschloss sich zum Nachdreh, eine Hochzeit zwischen Arthur (Clive Owen) und der Amazone Keira Knightley musste her. Fuqua inszenierte das oktroyierte Finale selbst. "Ich hätte nicht gewollt, dass ein anderer mein Material dreht", sagt er. "Immerhin muss der Regisseur am Ende für das Resultat geradestehen. Trotzdem hätte ich lieber die Beerdigung Lancelots am Ende gesehen, um zu zeigen: Am Ende der Gewalt gibt es keine Sieger. Nach dem Tod des besten Freundes kann man nicht einfach am nächsten Tag Hochzeit feiern."
Fuqua hofft nun, seine Ursprungsversion zumindest auf DVD veröffentlichen zu können, "wenn sie mich lassen". Seine Distanz zum System Hollywood wächst stetig. "Ich werde den Studiobossen auch weiterhin die Makel ihres Systems aufzeigen. Ständig wird derselbe Stoff neu aufbereitet und dem Publikum vorgesetzt. Warum? Ständig bei McDonald's zu essen ist doch auch todlangweilig. Hollywood muss vielseitiger werden und sich etwas von kleinen, innovativen europäischen Produktionen abschauen. ,King Arthur' habe ich ausschließlich mit Europäern besetzt."
Sechs Jahre Filmbusiness haben Antoine Fuqua ernüchtert. "Wenn einem sein eigener Film wichtig ist, wenn man mit Hingabe dabei ist und sich auch mal wehrt, dann ist man in Hollywood fehl am Platz. Man passt ins Schema, wenn man wie ein gehorsames Haustier kuscht, auf Dinner-Partys geht und Vetternwirtschaft gutheißt. So bin ich nicht. Ich will einem Film nur eine individuelle Handschrift geben. Aber Individualität wird bekämpft, von Anwälten, von Kreativen, von Funktionären, und irgendwann verderben die vielen Köche den Brei."
Vor Konsequenzen seiner offensiven Kritik hat Fuqua keine Scheu. Im Gegenteil, er fühlt sich in bester Gesellschaft. "Auch Roman Polanski hat nie ins System gepasst und wurde rausgeschmissen. Den ,Pianist' hat er ohne Hollywood gedreht. Oliver Stone wird das Leben schwer gemacht, Martin Scorsese bleibt lieber in New York und arbeitet fast unabhängig. Genies wie Michael Mann bekommen ihre Projekte nicht realisiert. Hollywood will keine Wegbereiter, sondern Marionetten. Da mache ich nicht mit."
Aus dem Hamburger Abendblatt
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02.09.2004 22:43
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Gimli,der Zwerg
Schantall
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So, ich habe mir den Film gestern Abend angetan und heute nochmal diesen Thread gelesen, was meine Meinung über den Film nur bestätigt.
Kritik:
Dieser Film ist wirklich nette Unterhaltung, wenn man weder von der Legende noch von den historischen Hintergründen eine Ahnung hat. Ich z.B. habe eine historische Verarbeitung der Legende erwartet - was ja durchaus nicht unmöglich ist, es gibt ja ein paar Quellen, wie wir dank Alex wissen - und habe ein komisches Mischmasch geboten bekommen, viel zu viele historische Fehler und noch viel zu viel Legende, als dass er mich begeistern könnte. Zu den Fehlern: Der Film spielt nicht nach dem Abzug der Römer sondern genau währenddessen, und bis kurz vor dem Schluss sind die Römer auch nicht weg. Dann hinterlässt der Film komischerweise den Eindruck, dass die Kelten (Pikten) das Volk der ganzen Insel darstellen, nur dass sie nördlich des Hadrianwalles frei und südlich davon von den Römern unterdrückt sind. Die Pikten sind also Arthurs Freunde und Verbündete und Gunnivere ist eine von ihnen. Die Sachsen sind also die schlichtweg bösen (und natürlich strohdummen) Feinde, die aus irgendeinem Grund nördliches des Walles an Land gehen und sich dann fragen, wie sie denn jetzt den Wall überqueren sollen. Nicht zu vergessen ihre Armbrüste, praktisch nur eingebaut, damit der böse Germane den strahlenden Lancelot hinterhältig umbringen kann. Die Römer ziehen zum Ende des Filmes also ab, Arthur besiegt mit Hilfe der Pikten die Sachsen (eine Schlacht, alle tot, alle glücklich und zufrieden) und heiratet die Frau, wobei er erklärt, dass ab jetzt alle Britannier und Pikten freie Menschen sind. Juchee, lobpreiset den großen King Arthur (übrigens auch in der deutschen Fassung so genannt)!
Aber der Film dürfte auch den Legendenliebhabern nicht gefallen, da diese viel zu stark entmysthifiziert wird. Merlin ist ein keltischer Stammesältester, Avalon existiert nicht, Gunivere ist eine keltische Amazone (man, war das lächerlich, egal wie gut die Schauspielerin in ihrem knappen Lederkostüm auch aussehen mag) und die Ritter sind praktisch ein Haufen Barbaren, die pissen, Bastarde zeugen und teilweise sogar eine gewisse Freude am Töten haben. Komischerweise existiert trotzdem eine Tafelrunde und Excalibur gehörte Arthurs Vater; er zog es aus dessen Grabhügel.
Der Film hängt meines Erachtens also genau zwischen der eigentlichen Grundidee der historischen Authenzität und der eigentlichen Legende. Jemandem der von beidem keine Ahnung hat mag es gefallen (ich kenne da sogar jemanden), allen anderen, und das dürfte die Masse sein, eher nicht.
MfGimli
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Giv'em hell!
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03.09.2004 01:15
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_TylerDurden_
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Nach deiner Rezension denke ich auch, dass das nicht mehr viel rausgerissen hätte. Das Drehbuch von King Arthur (meinst du da, dass er auch in der Synchro "Arsssör" genannt wird oder gar "King"?) ist übrigens von David Franzoni, der auch Gladiator und Amistad geschrieben hat und von dem 2005 Hannibal in die Kinos kommt. Mit Vin Diesel als karthagischer Heerführer!
Haben die Sachsen wirklich nördlich vom Hadrianwall gesiedelt? (Der übrigens von den Römern nicht gebaut wurde um Republikflüchtlinge zu den netten Pikten aufzuhalten...) Und gabs damals schon Armbrüste?
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03.09.2004 09:22
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thanil.bernetar
Dackinei
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Wikipedia: Armbrust
Ja, es gibt Armbrüste bereits seit grauer Vorzeit. Der erste chinesische Kaiser hatte sie bereits in seinen Armeen. In Europa wurden sie von den alten Griechen (ca. 300-200 v.Chr.) eingeführt. Im Mittelalter wurden sie zusammen mit allen Bögen 1139 von der Kirche verboten, weil sie "unritterlich" waren (zu zielsicher auf große Distanz), aber das Verbot konnte natürlich nicht durchgesetzt werden.
Ist aber die Frage, ob ausgerechnet die wilden Horden der Germanen solche Waffen hatten, denn immerhin sind sie sehr kompliziert zu bauen und verschießen normalerweise Metallbolzen. Ist also ziemlich unrealistisch meiner Meinung nach!
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Naughty have been my dreams of late...
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03.09.2004 11:40
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Gimli,der Zwerg
Schantall
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Zitat: _TylerDurden_ schrieb:
(meinst du da, dass er auch in der Synchro "Arsssör" genannt wird oder gar "King"?)
Haben die Sachsen wirklich nördlich vom Hadrianwall gesiedelt? (Der übrigens von den Römern nicht gebaut wurde um Republikflüchtlinge zu den netten Pikten aufzuhalten...) Und gabs damals schon Armbrüste?
Also den Großteil des Filmes nennt ihn natürlich nie "König", ist er ja schließlich nicht, aber es blieb bei mir so hängen, weil es ganz am Schluss kommt. Da hält Lancelot nochmal ne Rede aus dem Off und endet mit "blablabla, Legenden überdauern Jahrhunderte, blablabla, Legenden von King Arthur!". Das war irgendwie komisch.
Und soweit ich weiß siedelten die Sachsen im Süd-Osten, so Themsemündung, würde ich jetzt grob schätzen. In einer von Alex' Quellen stand etwas von Essex, ich weiß aber nicht wo das ist. *gg*
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Giv'em hell!
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03.09.2004 12:03
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pfeifenkrautler
Honk
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Römer, die schon vor 70 Jahren abgezogen sind, Sachsen, die in Schottland siedeln, statt in Essex (East-Saxony) und Sussex (South-Saxony), die komischen Mischmasch-Rüstungen, Lancelot(?) kämpft mit 2 Schwertern wie Musashi, die Pikten als englische Grundbevölkerung.. Armbrüste? Das wird ja immer komischer..kann nicht so weit her sein mit der "wahren Geschichte". Ich trau mich nicht rein.
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03.09.2004 12:10
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lenaluna
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Zitat: pfeifenkrautler hoilte:
Ich trau mich nicht rein.
Jepp, das geht mir ganz genauso, ich werde mir das Spektakel wohl auch schenken und mir dafür lieber was Erfreulicheres antun...
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03.09.2004 13:25
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_TylerDurden_
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Genau deswegen habe ich erwähnt was der Drehbuchschreiber noch verbrochen hat. Gut, bei Gladiator wird niemand historische Korrektheit erwarten (oder?). Aber Amistad ist ja sehr ambitioniert und mit eigenem hohem Anspruch. Mal sehen wie sich Vin Diesel macht wenn er über die Alpen zieht.
Endlich schreibt Rüdiger Suchsland mal einen AMÜSANTEN und gleichwohl
geistreichen Verriß eines Film:
Das Empire im Rückzug: Antoine Fuquas "umgedrehter Western" KING ARTHUR
Age of Empires: Das Römische Reich bricht zusammen, da müssen König Arthur und seine Tafelrunde so wie einst die glorreichen Sieben durchs spätantike Brittannien galoppieren. KING ARTHUR, der neue Film von Antoine Fuqua (TRAINING DAY) ist das etwas konfuse, keineswegs ernstzunehmende, jedoch recht kurzweilige Sampeln durch alte Mythen und moderne Actionfilme. Ein Film wie ein Computerspiel.
Männer, große und heldenhafte, aber auch gebrochene, waren es bisher, die im Mittelpunkt von Antoine Fuquas Filmen standen. Sie standen im Konflikt mit ihren Vorgesetzten, und mussten lernen Befehlen nicht zu gehorchen. Und sie mussten in einem feindlichen Territorium überleben, sich dabei oft um unschuldige Dritte kümmern - "für ihre Sünden", wie Bruce Willis das in Fuquas letztem Film sagt. Man wüsste schon gern einmal, was diesen Regisseur eigentlich genau umtreibt. Zu wenig gemeinsam haben seine Filme auf den ersten Blick: TRAINING DAY, für den Denzel Washington als Cop auf Abwegen ganz zu recht vor zwei Jahren den Oscar gewann war ein trickreicher, herausragend gespielter Kommentar zur sozialen Lage in den Slums. Dann TEARS OF THE SUN, ein völlig missglückter, immens brutaler, unsäglicher Schmachtfetzen, in dem Bruce Willis mitten im Busch ein paar gute Afrikaner vor bösen Völkermördern rettet, und dabei selber ein Gemetzel ans nächste reiht. Vor einem guten Jahr musste das so verstanden werden, wie die dümmstmögliche Rechtfertigung westlichen Imperialismus unter der Maske "humanitärer Intervention."
Entspannung und Scheißstimmung in der halbleeren Tafelrunde
Und jetzt KING ARTHUR, die eher skeptische Betrachtung eines Empire, dass gerade im Begriff ist, unterzugehen. Ein umgedrehter Western, in dem Terrain nicht erobert, sondern aufgegeben wird. Die Frontier ist sozusagen gewendet; es geht nur noch um geordneten Rückzug. Mit dem alten von Thomas Malory's "Le Morte d'Arthur" 1470 begründeten Arthus-Mythos, das gleich vorweg, hat der Film fast nichts mehr zu tun, außer dass die Namen gleichgeblieben sind, dass es irgendwie auch diesmal um edle Helden geht, und dass es für diese eine Tafelrunde zur Entspannung gibt, wenn diese auch halbleer ist, und hier richtige Scheißstimmung herrscht.
Ein bisschen mehr Gemeinsamkeiten gibt es da schon zur gleichnamigen Barockoper von Henry Purcell; auch das war seinerzeit vor allem großes Spektakel, primär zur Unterhaltung gedacht, dabei fast zu versponnen, um noch Mainstream zu sein, albern, wenn man's ernst nähme und voller zeitgenössischer Anspielungen; ein bisschen durchgeknallt auch. Man möchte nicht wissen, was genau David Franzoni, der Drehbuchautor dieses Filmes alles zu sich genommen hat, bevor er sich an den Schreibtisch setzte, vielleicht war er auch einfach besoffen vom eigenen Ruhm, denn zuvor hatte er das Script für Ridley Scotts GLADIATOR geschrieben.
KING ARTHUR ist besser als GLADIATOR, wenn auch die Todessehnsucht die gleiche geblieben ist: wieder Männer, die klammheimlich sterben wollen, vielleicht ohne es selbst zu wissen, in den Tod gehen möchten, weil ihre Zeit, sie spüren es, hinter ihnen liegt. Auch diese Ritter der Tafelrunde sind Gladiatoren, auch sie sind Barbaren im Dienste Roms, keine vollwertigen Bürger, aber insgeheim die besseren Römer, weil sie die Römertugend noch in sich tragen, welche die übrigen längst verlassen hat. Das alles ist pure Ideologie, aber es passt immerhin historisch, denn die Artussage, geschrieben im Spätmittelalter ist auch ein Untergangsmythos, der Abgesang auf eine verlorene Zeit.
Blockbuster mit einer linken Message?
Die Handlung bietet eine Variation von Bekanntem. Wie eine Mischung aus den GLORREICHEN SIEBEN, dem WILD BUNCH und Hollywoods Kreuzfahrern galoppieren die Artusritter durchs Gebirge. Die Rolle der US-Kavallerie übernehmen die Römer, die in etwa so effizient und mutig sind, wie die Soldaten in Howards Western THE MISSING. Anstelle der Indianer gibt es die Sachsen, eine unzivilisierte Horde von Sadisten, deren Ehrgefühl sich auf völlig unironisch gemeinte, zugegebenermaßen recht cool platzierte Onliner beschränkt: "Ah, finally a man worth killing." oder "Burn every village, kill everybody." Einer von ihnen ist Til Schweiger, der auch diesmal so lächerlich ist und bleibt, wie bisher schon immer.
Statt den Gral zu suchen, gegen Mordred zu kämpfen, den Zaubersprüchen Merlins zu folgen oder ähnliche Dinge zu tun, von denen die Artus-Sage üblicherweise berichtet, führen sie einen Siedlertreck durch Indianergebiet - und da erinnert der Film dann schon stark an TEARS OF THE SUN. Das gibt immerhin auch Anlass zur schönsten Szene des Films, einer Schlacht auf einem zugefrorenen See, dessen Eis dann natürlich doch irgendwann zu brechen beginnt.
Kurioserweise beharren die Macher im Presseheft ausdrücklich auf der Authentizität all diesen Geschehens: "Arthur existierte wirklich" kann man darin lesen "Er war ein Mann, der sich aufopferte." Eigentlich war er ein Krieger aus Sarmatien und Guinevere ein Waldmädel mit fescher Körperbemalung und erstaunlichen Fähigkeiten im Bogenschießen. Außerdem war Arthus, folgt man dem Film, ein zum Christentum bekehrter römischer Bürger, mit Interesse für Philosophie, besonders den Stoiker Pelagilus, einen Vertreter der Theorie der Willensfreiheit, der hier als eine Art Urväter von Amerikanischer Revolution, Demokratie und Genfer Konvention firmiert. Überraschenderweise entpuppt sich KING ARTHUR damit als einer der seltenen Blockbuster mit einer eher linken Message - Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, vor allem Befreiung der Unterdrückten -, doch wird diese erwartungsgemäß schnell wieder verraten, vor allem an die Feier der Gewalt.
Alle zehn Jahre eine Artus-Sage im Kino
Man kann es allerdings auch weniger ernst nehmen, als Regisseur Fuqua. Wenn man KING ARTHUR mit einer ähnlichen Haltung anguckt, wie zum Beispiel MONTHY PYTHON AND THE HOLY GRAIL, dann kann man sich auch über das Pathos der Dialoge plötzlich amüsieren, über den absurden italienischen Akzent der römischen Bischöfe, über die endlosen Debatten, die diese Männerwelt prägen, und sich bei sorgfältigen Zuhören, als von Eifersucht und unterdrückten Gefühlen geprägt entpuppen. So sollte man diesen Film womöglich als Schwulenversion des Stoffs begreifen. Manchmal glaubt man dann aber wieder, sich statt in einem Kinofilm in einem etwas groß geratenen Computerspiel verirrt zu haben. Ein Level nach dem anderen ist zu erreichen, die Schurken sind so austauschbar wie die Spielfiguren - die Artus-Ritter.
Alle zehn Jahre also eine Artus-Sage im Kino. Robert Bressons Version demonstrierte die asketische Nüchternheit, die Ideen von Reinheit, die ein Teil des europäischen Autorenkinos im Dreh mit Laien und im "Leerspielen" der Akteure fand. John Bormans EXCALIBUR war 1980 ein später Reflex der Hippie-Ära, übertrieben und wild, ruchlos und schmutzig. Mitte der 90er war dann Richard Gere ein um so gelackterer Lancelot und Sean Connery ein allzu alter Mann: FIRST KNIGHT war im Grunde ein Yuppie-Angestelltendrama, das davon handelte, was passiert, wenn man mit der Frau des Chefs anbandelt.
Der neueste "Arthur" ist nun wieder politischer, ein sehr zeitgemäßer Actionfilm: Die Wildheit, die er an Tag legt, ist tatsächlich nur vorgetäuscht, wirklich mutig ist er genauso wenig, wie filmisch irgendwie innovativ oder interessant. Dabei aber keineswegs dumm, nur bewusst naiv. Man sieht ihn
gern, die Action ist kurzweilig, die Kamera von Slavomir Idziak großartig. Hans Zimmers immergleiche Musik kann man allerdings nicht mehr hören. Und was Fuqua offenbar umtreibt: viel Gewalt und reine Männerwelten. Die Frauen spielen nur am Rand eine Rolle. Keira Knightley darf als Guinevere immerhin sexy Bogenschützin sein und viele Schurken töten, Im entscheidenden Moment aber muss sie doch von Lancelot gerettet werden. Umgekehrt wär's besser gewesen.
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03.09.2004 13:29
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_TylerDurden_
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Die umgekehrte Frontier gefällt mir. Vielleicht müsste man die Britannien verlassenden Römer so inszenieren wie schwindende Elben.
Und die Einschätzung zum ersten Ritter ist passend prägnant. Yuppie-Angestelltendrama... *lol*
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