08.05.2004 23:18
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Alex.
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Werter Zorro,
Wir haben offenbar inkompatible Auffassungen über den Terminus "historisch korrekt" – du verlangst weitestgehende Authentizität der Handlung bis ins Detail, während mir bei Fehlen der historischen Überlieferung eine plausible Eingliederung in den bekannten historischen Hintergrund ausreicht. Nach deiner Auffassung würde es fast gar keine Historienverfilmungen geben, es sei denn, ein Dokumentarfilmteam wäre dabeigewesen.
Zitat: Außerdem kommt auch noch die Erwartungshaltung des Publikums hinzu: Wie viele von 100 Kinogängern erwarten historische Authenzität beim Stichwort "Artus", und wie viele von diesen 100 erwarten einen minimalen Wiedererkennungswert die Legende betreffend, die unweigerlich mit diesem Namen assoziiert wird?
Ich glaube, auch da bist du zu pessimistisch. Mit einem entsprechenden PR-Aufwand ("Arthur – The True Story!") könnte man sicher auch Publikum in historisch glaubwürdige Filme locken. Gerade die gebildeteren Kinogänger – ja, solche gibt es auch – wären daran interessiert. Schön, Arthur ist hier nicht das geeignetste Beispiel, weil man da doch zuwenig weiß. Aber ich wehre mich gegen die Auffassung, eine Fantasyverfilmung wäre prinzipiell nicht schlechter als eine ins historische Bild passende Verfilmung. Meiner Meinung nach sagt die Erwartungshaltung des Publikums oder der finanzielle Erfolg eines Films noch nichts über seine Qualität aus. Du bist da offenbar anderer Meinung und da werden wir uns sicher nicht einigen können.
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08.05.2004 23:31
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pfeifenkrautler
Honk
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Nun, Alex, wie würde denn eine historisch korrekte Artusverfilmung ausshen? Und was speziell ist an der Bruckheimerverfilmung jetzt schon als unhistorisch zu erkennen?
Wie gesagt, nach dem, was ich bisher sah, scheint sie mir einem möglichen realen keltisch-römischen Heerfüherschicksal am nächsten zu kommen. Fantasy-wise gesehen.
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08.05.2004 23:43
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MorgothderGrosse
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@Ramujan. Ob eine historische oder eine am Mythos orientierte Verfilmung anvisiert wird, ist mir nicht bedeutsam. Nur: Der Regisseur muss sich für eine der beiden Möglichkeiten entscheiden und diese konsequent umsetzen. Sprich: Wenn man es historisch angeht, keine zigtausend Schiffe starken Flotten, usw. und wenn man es mythologisch angeht, mit Göttern und allem drum und dran. Wie will man in einer mythologischen Fassung z.B. Achill sterben lassen ohne Apollo? Im Übrigen ist der Begriff "historisch" hier unglücklich, da es keine Beweise dafür gab, dass ein Trojanischer Krieg überhaupt einmal stattgefunden hat. Die Brandspuren an den Mauern reichen als Beweis nicht aus, im besten Falle könnte man also ein Szenario schaffen, wie ein Krieg damals hätte stattfinden können. Der Regisseur versucht nun aber, einen seltsamen Mischmasch aus Historie und Mythos zu produzieren-so als würde man einen Jesusfilm drehen, in der Jesus zwar Gottes Sohn ist, die Aufersteheung aber nicht stattfindet .
PS: Gebt mir unbegrenzt Geld, und ich verfilme den Fall von Konstantinopel 1453. Es ist eine Schande, dass sich niemand dieses überragenden Stoffes annimmt.
[Dieser Beitrag wurde von MorgothderGrosse am 08.05.2004 um 23:46 editiert]
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09.05.2004 00:12
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pfeifenkrautler
Honk
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@Morgoth:
In einer historisch korrekten Fassung des trojanischen Kriegs dürfte es gar keinen Achill, Agamemnon, Paris ect. geben, da diese wahrscheinlich nicht so hießen, sollte es sie je gegeben haben. Aber nur, weil wir bisher den Krieg nicht rekonstruieren können, heißt nicht, dass es ihn nicht gab.
Man könnte die Ilias so verfilmen, wie man die Gschichte jungsteinzeitlicher Jäger verfiilmen könnte: Es gab diese spezielle Gruppe nicht und ihre Erlebnisse mögen erfunden sein, aber so könnte es sich abgespielt haben.
Nun wäre eine Troja-Verfilmumg ohne die Helden der Sage schwer zu verkaufen und da wählt Petersen einen Mittelweg: er sagt, angenommen, es gab einen Krieg um Troja, der Homer zur Vorlage diente, und angenommen, die Personen, die Homer beschrieb, haben tatsächlich gelebt, wie könnte das Ganze dann ausgesehen haben?
Eine Mischung aus Forschung und Dichtung gewiss, aber ein, wie ich finde, legitimer Versuch. Die Götter können in so einem Szenario natürlich nicht auftauchen, denn die, da sind wir uns einig, hat es nie gegeben.
Sicher ist das eine Gratwanderung, aber überhaupt so ein Projekt anzugehen, verdient meinen Respekt.
So ganz abstrus ist das alles auch nicht, Homer schrieb über weltverändernde Ereignisse, die sich 350 Jahre vor seiner Zeit ereignet hatten. Für ihn lag also der trojanische Krieg in etwa soweit zurück wie für uns der 30jährige. Das sind keine Äonen, da kann noch viel Wissen und vieles an Legenden und Überlieferungen erhalten sein. Tilly und Wallenstein sind keine Sagenfiguen, nur weil sie vor Jahrhunderten gelebt haben. Natürlich sind unsere Überlieferungstechniken augefeilter als die der Antike, und dennoch, 350 Jahre sind kein unüberbrückbarer Abgrund.
Das ist schon wieder der falsche Thread, Mist.
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09.05.2004 00:24
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MorgothderGrosse
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@pfeifenkrautler. Ob der Regisseur für diesen Versuch auch meinen Respekt bekommt, muss sich erst noch zeigen, es kommt ganz auf die Absicht an, die er mit seinem Film verfolgte . Wenn es sich-wie ich rein subjektiv vermute-um einen auf den US-Markt zugeschnittenen Blockbuster handeln sollte, fürchte ich 13-jährige Mädchen, die darüber diskutieren, wie süß Achill doch ist und Hektor-Fantassen . Mir persönlich sagt so eine Verquickung von Historie und Mythos bzw. Fiktion nicht zu (Weshalb ich auch nie historische Romane lese). Trotzdem gebe ich zu, dass man auch mit dieser Intention einen ganz passablen Film machen könnte. Die größten Sorgen macht mir dabei die Art und Qualität der Dialoge. Seichtes, amerikanisches Hollywood-Gequatsche würde so einen Stoff zerstören. Bei so einem Stoff will ich echten Pathos sehen (Und keine US-Kitsch-Pathos), stoische Selbstüberwindung und melancholische Tragik. Erst, wenn der Film in den Kinos anläuft, wird man darüber ein Urteil fällen können. Jedoch muss ich sagen, dass ich diesbezüglich sehr pessimistisch bin.
Und nochwas zum historischen Stoff: Man muss aber auch überlegen, dass antike Geschichtsschreiber in erster Linie nicht auf Wiedergabe historischer Fakten und chronologischer Abläufe zielten, sondern darauf, den Leser zu berühren und zu unterhalten. Das gilt für Homer natürlich noch viel stärker als für die hellenistischen oder römischen Historiker.
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09.05.2004 00:44
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pfeifenkrautler
Honk
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Ich les auch nie historische Romane. Seh den Sinn nicht, da ich mir das Ambiente auch in trockenen Geschichtsbüchern selber plastisch genug vorstellen kann, dafür reicht meine Phantasie noch.
Im Film ist das was anderes, da werden die Bilder von den Machern erschaffen, und die will ich sehen. Und wenn es nur Petersens ganz eigene, vielleicht hanebüchene Vorstellung der Bronzezeit ist, ich will sie sehen. Immerhin ist der Film der erste, soweit ich weiß, der ernsthaft versucht, wirklich die Bronzezeit und nicht irgendein klassisches Durchschnitts-Sandalen-Eisenzeit-Ambiente darzuzustellen. Das Setting mit seinen minoischen Bauten und bronzezeitlichen Waffen und Rüstungen lässt mich hoffen.
Gut, die Dialoge, die Inhalte, da halte ich meine Ansprüche möglichst niedrig. Besser als die Bruckheimerverfilmung sollte es aber schon werden. "Das Boot" war schließlich groß. Das Beste, was wir seit 50 Jahren produziert haben. There is still hope.
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09.05.2004 01:41
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Alex.
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Zitat: pfeifenkrautler schrieb:
Nun, Alex, wie würde denn eine historisch korrekte Artusverfilmung ausshen?
Mir würde schon ein Verzicht auf die Legenden genügen.
Zitat: Und was speziell ist an der Bruckheimerverfilmung jetzt schon als unhistorisch zu erkennen?
Da kann ich nichts dazu sagen, da ich bisher noch nichts davon gesehen habe.
Zitat: Wie gesagt, nach dem, was ich bisher sah, scheint sie mir einem möglichen realen keltisch-römischen Heerfüherschicksal am nächsten zu kommen. Fantasy-wise gesehen.
Dann ist ja noch Hoffnung...
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09.05.2004 02:04
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Alex.
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Na, das sieht ja schon sehr vielversprechend römisch-britisch aus.
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09.05.2004 02:29
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pfeifenkrautler
Honk
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Ja, aber...waren die Römer nicht schon seit über 100 Jahren nicht mehr da? Und doch noch ein so römisches Outfit? Mich verunsichert dieses Bild eher.
Irgendwo gibt es ein heißes Bild von Keira Knightly als keltische Stammesführerin, mit nichts an als schmalen Lederstreifen und blauer Farbe. Das such ich jetzt.
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