19.09.2004 17:13
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Thranduil
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Zitat: Außer dem Namen und der geographischen Lage hat das heutige Berlin eigentlich nichts mit dem Berlin vor dem Zweiten Weltkrieg mehr zu tun.
...wie die meisten Deutschen Städte, die total zerbombt worden sind. Berlin ist eine moderne, lebendige Großstadt die alt mit neu einzigartig verbindet, und wenn du glaubst, dass ohne 2.Weltkrieg heute noch alles wie 1890 aussehen würde, dann hast du dich echt geschnitten.
Ach und du warst noch nie in Berlin? Dreist, dann sowas überhaupt zu schreiben.
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"Die letzten werden die ersten sein!"
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19.09.2004 17:25
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MorgothderGrosse
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@Titania. "Ich kann Berlin jetzt nicht wirklich sonderlich leiden - aber was is denn die Stadt an sich daran Schuld, dass sie im 2nd WW niedergebombt wurde und danach auch noch durch Teilung nicht gerade ein architektonisches Gesamtkonzept erstellen konnte?!"
Klar, für die Zerstörung der Stadt können die Berliner nichts. Aber das, was sie danach beim Wiederaufbau an Sünden begangen haben, ist eigentlich nicht mehr behebbar. Als positive Gegenbeispiele nenne ich mal Warschau, Danzig und München. Warschau wurde im Krieg dreimal zerstört: 1939, dann 1944 beim Warschauer Aufstand und Ende 1944 noch einmal bei den Kämpfen zwischen Deutschen und Sowjets. Warschau ist schlimmer zerstört worden als irgendeine andere Großstadt, Stalingrad ausgenommen. Trotzdem hat man die Stadt nach dem Krieg originalgetreu wieder aufgebaut, Kirchen nach Originalbauplänen rekonstruiert, die alte Straßenführung wiederhergestellt, alte Bürgerhäuser nach Originalzeichnungen erneuert. Man sieht Warschaus Altstadt heute kaum an, dass diese Stadt mal ein Trümmerfeld war. Ich poste mal ein paar Beispielbilder der rekonstruierten Alstadt:




Die Warschauer Altstadt sieht heute wieder fast genauso wie vor 1939 aus, die historische Präzision des Wiederaufbaus ist bemerkenswert. Und man bedenke, dass fast ganz Warschau 1945 aussah wie auf dem folgenden Bild:

Oder ein anderes Beispiel: München. Nach dem Krieg war die Stadt so schwer zerstört, dass man ernsthaft erwog, die Ruinenstadt als Mahnmal stehenzulassen und am Starnberger See eín neues München zu bauen. Schließlich ging man doch an den Wiederaufbau und rekonstruierte die Innenstadt so originalgetreu wie technisch nur irgendwie möglich. Hier ein paar Fotos der Innenstadt:


Auch hier also völlig stimmige und originalgetreuer Wiederaufbau trotz solcher Zerstörung:

Ein weiteres Beispiel: Dresden. 1945 fast völlig zerstört, ist die Altstadt heute - besonders nach der Wiedervereinigung - zumindest zum größten Teil wieder originalgetreu aufgebaut. Nächstes Jahr wird die Frauenkirche wieder eingeweiht und mit der Rekonstruktion des Neumarktes begonnen. In drei, vier Jahren wird die Dresdner Innenstadt wieder weitgehend wie vor dem Krieg aussehen.
Es gibt viele Beispiele gelungenen Wiederaufbaus-nur in Berlin merkt man nichts davon. Kein Mensch hat hier auch nur den Versuch gemacht, die alte Stadt wiederherzustellen. Schlimme Betonblöcke durchziehen die Stadt, neue, große Straßen zerreißen das alte Stadtbild.
"Und einer heutigen Großstadt Hochhäuser anzuprangern, ist doch ein bisschen albern."
Warum siehst du das so? Warum hat eine Gruppe von Architekten das Recht, für die Menschheit zu bestimmen, dass man jetzt Hochhäuser bauen muss, ob die Menschen es wollen oder nicht? Vor allem aber passen Hochhäuser überhaupt nicht in gewachsene europäische Städte. Findest du in der Altstadt von Paris Hochhäuser? Nein. In der Altstadt von Prag? Nein. In der von Rom? Nein. In der von Wien? Nein. In der von Amsterdam? Nein. Deutschland ist eigentlich das einzige europäische Land, das diesen ästhetischen Supergau unternommen hat.
Auf einer Architekturseite habe ich diese Definition einer gewachsenen europäischen Stadt gefunden:
"Merkmale historisch gewachsener
europäischer Stadtzentren:
· abwechslungsreiche Dachlandschaft
· schmale Straßen
· überschaubare Gebäudehöhe
(max. drei Stockwerke)
· verschiedenartige, gegliederte Fassaden
· Fassaden aus Werkstein oder Putz
· schmale Grundstücke
· Walm- oder Satteldächer
· gepflasterte Stadtplätze
· kleine Stadtparks
· nur wichtige öffentliche Gebäude stehen als Solitäre
· Einheit von Wohnen, Arbeit und Freizeit
· Stadtraumgestaltung durch Block, Straße und Platz"
Hochhäuser haben darin nichts verloren, sie sind völlig deplatziert. Sinn machen Hochhäuser nur in amerikanischen und asiatischen Großstädten, wo Retortenstädte ohne historischen Kern gebaut werden. In Europa sind Hochhäuser in einer Innenstadt die schlimmste überhaupt mögliche Sünde an der Ästhetik.
@Lothiriel. Das sehe ich ähnlich. Wie kommen heutige Architekten eigentlich darauf, dass es verboten ist, Bauelemente zu verwenden, die seit gut 4000 Jahren in allen Kulturen der Welt benutzt wurden, wie Säulen, Portiken, Ornamente, Freitreppen, usw.? Wer bestimmt, dass man ganz plötzlich nach 4000 Jahren keine traditionellen Bauelemente mehr verwenden darf? Vor allem finde ich bedenklich die Diskrepanz zwischen Architekten und Bevölkerung. Der überwältigend größte Teil der Menschen findet den Baustil, der sich seit den 20ern etabliert hat, geradezu abstoßend hässlich. Trotzdem wird ausschließlich in diesem Stil gebaut - obwohl die Menschen ihn hässlich, geradezu widerlich finden. Das war in früheren Epochen noch nie der Fall. Eine gotische Kirche im 14. Jahrhundert, ein Renaissancepalais im 16. Jahrhundert, eine Barockkirche im 18. Jahrhundert oder ein klassizistischer Bau im 19. Jahrhundert wurde von der Allgemeinheit als ästhetisch und schön empfunden. Der heutige Bauhausstil gefällt im Grunde nur den Architekten, nicht aber den Menschen. Es ist absurd, aber kein Architekt hätte heute noch den Mut, einen Repräsentationsbau bspw. im klassizistischen Stil zu bauen - obwohl die Mehrheit der Menschen das begrüßen würde. Die heutige Architektur ist meist dermaßen unästhetisch und formlos, dass Großstadtbewohner ins Staunen geraten, wenn sie simple Bürgerhäuser des 19. oder 18. Jahrhunderts sehen. Überhaupt frage ich mich, bei wie vielen modernen Bauten überhaupt noch ein Formwille vorhanden ist.
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19.09.2004 19:18
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MorgothderGrosse
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@Oxford. Wie kommst du darauf, dass ich noch nie in Berlin gewesen sei? In meinem Posting habe ich ausdrücklich geschrieben, dass ich schon einmal - wenn auch nur kurz- da war.
"Berlin ist einfach klasse und einzigartig!"
Vielleicht, das werde ich erst nächsten Sommer bewerten können. Durchaus möglich, dass Kulturszene und Menschen in Berlin toll sind. Ästhetisch und architektonisch ist die Stadt eine Katastrophe und eine Beleidigung an eine über 1000 Jahre alte Baugeschichte Berlins. Es hilft doch kein Herumreden, im Vergleich zu Paris, Rom oder Wien ist Berlin städtebaulich ein einziger Großunfall. Der Großteil von Berlin könnte genausogut in Hongkong, Taipeh, Kapstadt, Rio de Janeiro, Chicago oder Montreal stehen. Was nach dem Krieg in Berlin verbrochen wurde, hat überhaupt keine individuelle Note, nicht das geringste spezifisch europäische Gepräge. Ich persönlich halte geschichtslose Städte schwer aus, ich brauche um mich herum gewachsene Städte, alte Gebäude und traditionelle Straßenführung, usw. Ich glaube zum Beispiel nicht, dass ich es lange in einer amerikanischen Großstadt aushalten würde, die ja im Grunde allesamt keine Geschichte haben. Berlin ist auf dem besten Wege, ebenso zu einer gesichtslosen, austauschbaren Stadt praktisch ohne Geschichte zu werden. Das, was es heute noch an Geschichte gibt, sind doch nur ein paar besonders interessante Einzelgebäude - einige alte Kirchen, ein paar klassizistische Museen, Opern und Theaterbauten, ab und zu ein Zierelement wie das Brandenburger Tor oder die Neue Wache. Aber es sind eben verstreute Einzelobjekte, die längst nicht mehr zu ihrer Umgebung passen, wie Fremdkörper wirken. Ein Repräsentationsbau aus dem 18. oder 19. Jahrhundert ist wirkungslos, wenn er von Betonklötzen aus den 60ern umgeben ist. Ein stimmiges, altes Stadtbild habe ich in Berlin nur auf dem Gendarmenmarkt und auf der Museumsinsel gesehen. Der Rest sieht IMHO aus wie eine Mischung aus Bottrop und Chicago, nicht wie eine alte europäische Metropole.
"Das Foto vom Reichstag ist ja wohl ein Witz. Und er steht auch ganz sicher nicht in der Pampa, sondern MITTEN IN Berlin. Zentraler gehts fast nicht. Direkt neben dem Brandenburger Tor. Ringsherum erstrecken sich die Schweizer Botschaft, das Auswärtige Amt, das Paul-Löbe-haus und das Kanzleramt. Und in 5-10 Minuten ist am per pedes am Potsdamer Platz oder an der Friedrichstrasse."
In dem Sinne meinte ich "Pampa" nicht. Ich meinte, dass sich in unmittelbarer Umgebung Brachflächen befinden und die architektonische Umgebung nicht zum Bau passt. Bis zum Krieg war der Reichstag eingerahmt von klassizistischen Villen und Bürgerhäusern des 18. Jahrhunderts. Das fehlt jetzt und lässt den Reichstag irgendwie deplatziert aussehen, als hätte man ihn versehentlich an die falsche Stelle gesetzt.
@Thranduil. "und wenn du glaubst, dass ohne 2.Weltkrieg heute noch alles wie 1890 aussehen würde, dann hast du dich echt geschnitten."
Die Innenstadt wäre architektonisch vermutlich weitgehend unverändert, davon gehe ich aus. Schau dir doch Paris an, das gerade wegen dem Fehlen von Bauhaus-Bauten in der Innenstadt als schönste Stadt der Welt gilt. Der letzte bemerkbare Umbau der Pariser Innenstadt fand unter Napoleon III. statt, vor über 140 Jahren. Seitdem hat sich in der Struktur der Innenstadt nichts Wesentliches geändert, Bauten, die jünger als 100 Jahre sind, sind eine Seltenheit. Gleiches gilt bspw. auch für die engere Innenstadt Roms. Einige Viertel haben sich seit gut 300-400 Jahren fast überhaupt nicht verändert. Oder Amsterdam, auch hier (Abgesehen von den Teilen, die von den Deutschen zerbombt worden sind) nur geringfügige Veränderungen in den letzten 100-200 Jahren in der Altstadt.
Allerdings bin ich als Bewohner einer Mittelstadt, die im Zweiten Weltkrieg keine einzige Bombe abbekommen hat und im Stadtkern seit 1689 praktisch nicht verändert wurde, auch etwas verwöhnt, was historische Bausubstanz angeht .
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19.09.2004 21:29
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_TylerDurden_
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Oje, Architektur ist ein weites Feld.
Architektur... normalerweise würde man einen Essay mit einer Begriffsbestimmung einleiten und erwähnen, dass das Wort aus griech.: ???? = Anfang, Ursprung und lat.: tectum = Haus, Dach gebildet ist.
Und dann die antiken Klassiker zitieren:
Nach Vitruv basiert Architektur auf drei Prinzipien: Schönheit (Venustas), Stabilität (Firmitas) und Nützlichkeit (Utilitas).
Die letzten beiden sind objektiv gut bestimmbar. Nur die Schönheit liegt eben im Auge des Betrachters.
Danke für den Text Lothiriel:
Adolf Loos schreibt: Das fehlen des ornamentes hat eine verkürzung der arbeitszeit und eine erhöhung des lohnes zur folge. Der chinesische schnitzer arbeitet sechzehn stunden, der amerikanische arbeiter acht. Wenn ich für eine glatte dose so viel zahle wie für eine ornamentierte, gehört die differenz an arbeitszeit dem arbeiter. Und gäbe es überhaupt kein ornament -- ein zustand, der vielleicht in jahrtausenden eintreten wird, -- brauchte der mensch statt acht stunden nur vier zu arbeiten, denn die hälfte der arbeit entfällt heute noch auf ornamente. Ornament ist vergeudete arbeitskraft und dadurch vergeudete gesundheit. So war es immer. Heute bedeutet es aber auch vergeudetes material, und beides bedeutet vergeudetes kapital.
Der letzte Satz enthält viel unangenehme Wahrheit: Es ist aufwändiger und teuerer etwas zu verzieren als etwas nur zweckmäßig zu gestalten. Ich will es nicht absprechen, dass eine schlichte Eleganz einen gewissen Reiz gegenüber aufgeblasenen Pomp hat, wie z.B. Barock ja unsagbar ktischig ist. Aber "Form follows function" wird sehr langweilig und liegt glaube ich auch nicht in unserer Natur. Der Paläontologe sagt "Das sind Menschen!" wenn auf den ersten Werkzeugen Muster eingeritzt sind. Die Dinge dadurch belebt wurden.
Morgoth redet sich in Rage:
> Trotzdem wird ausschließlich in diesem Stil gebaut - obwohl die Menschen
> ihn hässlich, geradezu widerlich finden.
Tja. Nehmen wir das Europaparlament aus deiner Signatur.
Ich gebe zu, es sieht kühn aus. Es sieht elegant und geschwungen und futuristisch aus. Im Grunde will ich den Architekten nicht vorwerfen sie hätten versagt oder was häßliches hingestellt. Es ist ok. Aber wenn ich mir das amerikanische Capitol zum Vergleich anschaue, dann bedauere ich, dass wir Europäer uns nicht 200 Jahre früher zusammengeschlossen haben.

Ich finde so etwas einfach nur majestätisch und "schön"! Es ist sicher viel unpraktischer, als ein modernes Gebäude, weil durch eine Glasfront man tolle große Büros einrichten kann, mit viel Licht und guter Aussicht. Aber trotzdem.
[Dieser Beitrag wurde von _TylerDurden_ am 19.09.2004 um 21:29 editiert]
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19.09.2004 21:36
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Ludy
Chief Resident
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In der Hauptstadt der USA darf übrigens kein Haus gebaut werden, das höher ist als das Capitol bzw. dieser komische Obelisk, der genauso hoch ist.
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Manche leuchten, wenn man sie liest.
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19.09.2004 21:40
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MorgothderGrosse
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Das Europaparlament habe ich ja auch nicht wegen seiner architektonischen Gestalt als Signaturbild genommen .
Ich habe auch gar nichts gegen den Bauhausstil an sich, es ist gut, wenn neue Formen ausprobiert und umgesetzt werden. Was mich aber auf die Palme bringt, ist die unsägliche Dogmatik des Bauhausstils. Heute darf in keinem anderen Stil mehr gebaut werden, auch ist es heute undenkbar, zuzugeben, dass der Bauhausstil eben nicht überall hinpasst. Die heutige Architektur gesteht keinem anderen Stil eine Existenzberechtigung zu. Ich finde bspw., dass Bauhaus sich hervorragend für Büros, Fabriken und Werkstätten eignet, die Licht brauchen. Aber dieser Stil hat in der Innenstadt einer süddeutschen Bischofsstadt, einer norddeutschen Hansestadt oder eben einer preußisch-klassizistischen Residenzstadt nichts, aber auch gar nichts verloren. In ein Stadtbild des 18. oder 19. Jahrhunderts zum Beispiel kann man eben keine Betonblöcke integrieren.
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19.09.2004 23:08
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Thranduil
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Zitat: Findest du in der Altstadt von Paris Hochhäuser? Nein. In der Altstadt von Prag? Nein. In der von Rom? Nein. In der von Wien? Nein. In der von Amsterdam? Nein. Deutschland ist eigentlich das einzige europäische Land, das diesen ästhetischen Supergau unternommen hat.
Grundfalsch.
Schau dir die Städte mal genauer an. In London sieht's so aus, in Paris gibts durchaus Hochhäuser, ebenso in Wien am rande der Altstadt, Amsterdam und Rom kenne ich nicht, aber ich bezweifle auch hier, dass Hochhäuser völlig fehlen.
und sooo häufig sind die nun auch nicht in Berlin. Richtige "Wolkenkratzer" gibt's da ja überhaupt nicht.
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21.09.2004 12:28
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titania
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Zitat: ist die unsägliche Dogmatik des Bauhausstils. Heute darf in keinem anderen Stil mehr gebaut werden, auch ist es heute undenkbar, zuzugeben, dass der Bauhausstil eben nicht überall hinpasst.
Sicher, dass Du wirklich Bauhausstil meinst? Den 20er-Jahre-Bauhausstil?
Zitat: Ich glaube zum Beispiel nicht, dass ich es lange in einer amerikanischen Großstadt aushalten würde, die ja im Grunde allesamt keine Geschichte haben
Geschichte hat jede Stadt, die älter als ein Tag ist.
Zitat: Als positive Gegenbeispiele nenne ich mal Warschau, Danzig und München.
Warschau Danzig und München wurden dennoch nicht geteilt, dermaßen von gleich vier Siegermächten besetzt, umkämpft und eingekesselt. Und der kalte Krieg dauerte auch nicht nur 2, 3 Jahre.
Zitat: neue, große Straßen zerreißen das alte Stadtbild.
Das ist ja interessant. Gerade als ich die alten Stadtansichten Berlins sah, fragte ich mich, wie man da das heutige Verkehrsaufkommen durchleiten hätte wollen, wenn alles so geblieben wäre.
Zitat: Auf einer Architekturseite habe ich diese Definition einer gewachsenen europäischen Stadt gefunden:
"Merkmale historisch gewachsener
europäischer Stadtzentren:
· abwechslungsreiche Dachlandschaft
· schmale Straßen
· überschaubare Gebäudehöhe
(max. drei Stockwerke)
· verschiedenartige, gegliederte Fassaden
· Fassaden aus Werkstein oder Putz
· schmale Grundstücke
· Walm- oder Satteldächer
· gepflasterte Stadtplätze
· kleine Stadtparks
· nur wichtige öffentliche Gebäude stehen als Solitäre
· Einheit von Wohnen, Arbeit und Freizeit
· Stadtraumgestaltung durch Block, Straße und Platz"
Und für welchen Zeitraum? Wie historisch gewachsen? Handelt es sich "nur" um mittelalterliche Städte oder auch um die des 19./20. Jahrhunderts?
Zitat: Oxford behauptete empörenderweise:
Sicher hat Berlin auch hässliche Ecken (die ein Tourist für gewöhnlich aber nicht zu sehen bekommt). Aber welche Großstadt hat diese Ecken nicht? Selbst in Münster findet man Ghettos wenn man raus nach Coerde oder Kinderhaus fährt.
Also so schlimm ist zB Kinderhaus auch nciht *ggg*
Zitat: Bis zum Krieg war der Reichstag eingerahmt von klassizistischen Villen und Bürgerhäusern des 18. Jahrhunderts. Das fehlt jetzt und lässt den Reichstag irgendwie deplatziert aussehen, als hätte man ihn versehentlich an die falsche Stelle gesetzt.
Aber es ist auch ein Konzept, eine Stadt nicht originalgetreu wieder aufzubauen oder auch nachzubauen, sondern aus Zerstörtem Neues entstehen zu lassen und gerade durch Diskrepanzen von alt und neu darauf aufmerksam zumachen.
Zitat: Bauten, die jünger als 100 Jahre sind, sind eine Seltenheit. Gleiches gilt bspw. auch für die engere Innenstadt Roms. Einige Viertel haben sich seit gut 300-400 Jahren fast überhaupt nicht verändert.
s.o. Die Stadt kann nun nicht wirklich was dafür, mehr zerstört worden zu sein als Rom.
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Du legst dein Licht in allen Farben
um meine weiße Einsamkeit.
Ich fühle sie an meinen Narben
wie Balsam einer leichten Zeit.
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21.09.2004 16:30
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Oxford
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Zitat: MorgothderGrosse schrieb:
@Oxford. Wie kommst du darauf, dass ich noch nie in Berlin gewesen sei?
Deswegen :
Zitat: "Berlin ist einfach klasse und einzigartig!"
Vielleicht, das werde ich erst nächsten Sommer bewerten können.
Bemerkst du deinen eigenen Widerspruch nicht? Ich war auch schon mal in Paris. Auf 2 Bahnhöfen. Trotzdem würde ich mir nicht anmaßen etwas über die Stadt zu schreiben, wenn ich noch nicht richtig dort war.
Zitat: Der Großteil von Berlin könnte genausogut in Hongkong, Taipeh, Kapstadt, Rio de Janeiro, Chicago oder Montreal stehen.
Zwei dieser Städte kenne ich und sie sind toll. Dass du das als alter Preuße nicht verstehst, ist mir fast schon klar. Eine Stadt besteht nicht nur aus Architektur.
Zitat: In dem Sinne meinte ich "Pampa" nicht. Ich meinte, dass sich in unmittelbarer Umgebung Brachflächen befinden und die architektonische Umgebung nicht zum Bau passt
Du solltest deine Fotodatenbank updaten, bevor du hier rumpöbelst. Es gibt keine Brachflächen mehr vor dem Reichstag. Und ich weiss nicht, wo es vorgeschrieben ist, dass umliegende Gebäude sich architektonisch ähneln müssen. Das ist doch nur deine persönliche Vorliebe, die du hier schon wieder als ultimative Wahrheit verkaufst.
Zitat: Die Innenstadt wäre architektonisch vermutlich weitgehend unverändert
Daran sieht man doch, dass du dich nicht auskennst. Welche Innenstadt bitte schön? Berlin hat in dem Sinne keine Innenstadt.
Zitat: Findest du in der Altstadt von Paris Hochhäuser? Nein. In der Altstadt von Prag? Nein. In der von Rom? Nein. In der von Wien? Nein. In der von Amsterdam? Nein. Deutschland ist eigentlich das einzige europäische Land, das diesen ästhetischen Supergau unternommen hat.
Gerade Berlin gilt als flache, weitläufige Stadt, die eben keine Hochhäuser besitzt. Wie die meisten deutschen Städte übrigens (Ausnahme Frankfurt).
Außerdem nochmal: welche Innenstadt meinst du?
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