10.08.2004 21:03
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Alex.
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Ich erlaube mir mal, einen neuen Ordner für fotografische Themen zu eröffnen, weil ich das Gefühl habe, das paßt in keinen schon bestehenden Thread. Da Fotografie zum Bereich Kunst gehört, stelle ich den Thread mal in dieses Unterforum, auch wenn ich damit rechne, daß er je nach Moderatorenlaune sonstwohin und –her geschoben wird. 
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Ich habe ein paar Fragen zu diesem Bild von Hurley, das kürzlich jemand in anderem Zusammenhang gepostet hatte.

Was dieses Bild so wirkungsvoll macht, ist die dramatische Lichtstimmung am Himmel. Als ich das Foto zum ersten Mal sah, habe ich mich gefragt, ob der obere Teil wirklich dazugehört, wirklich authentisch ist. Auf den zweiten Blick (d. h. nach Vergleich mit dem Lichteinfall im Voder- und Mittelgrund) und unter Berücksichtigung, daß das Bild von Frank Hurley ist, dem ich eine solche Trickserei nicht unterstellen will, erscheint mir das Bild echt.
Allerdings dürfte Hurley nicht ohne Hilfsmittel gearbeitet haben. Einen Grau- oder wahrscheinlicher einen Gelb- oder Orangefilter könnte er eingesetzt zu haben, um die Kontraste im oberen Bildteil zu verstärken und um das Gegenlicht etwas abzuschwächen. (Was meinst du, Kaylee?)
Wäre das Bild noch so wirkungsvoll, wenn diese Wolken im Gegenlicht nicht da wären?
Was wäre, wenn da nur ein dunstverhangener, einfarbig grauer Himmel stünde? Hätte das Bild dann diesen Bekanntheitsgrad erreicht?
Dabei haben die Wolken mit dem eigentlichen Thema des Fotos nichts zu tun: es geht um die Gefallenen und die verwüstete Landschaft im Voder- und Mittelgrund.
Wieso wird dieses eigentliche Motiv durch die Lichtstimmung derartig "aufgewertet"?
Oder ist es der Kontrast zwischen dem Grauen am Boden und der zeitlosen Schönheit des Himmels, der uns dabei so berührt?
Ob Hurley mehrere Bilder gemacht und dann nur das wirkungsvollste publiziert hat? Da sich kaum Aktion abspielt und es vor allem um die Dokumentation der Verwüstungen ging, hat er sicher Zeit genug gehabt, auf immer bessere Lichtwirkungen zu warten.
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10.08.2004 21:37
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_TylerDurden_
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Trust no one! Es ist matipiliert.
Zumindest habe ich das kürzlich in einem Spiegel Artikel gelesen. Warte ich such ihn dir schnell raus. Da, zweite Seite. Von dem hast du selbst das Bild auch verlinkt. 
P.S.
Ich lass den Thread mal hier stehen.
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10.08.2004 22:12
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Alex.
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Ächz! Tu quoque, Frank! 
Dann war mein erster Eindruck doch richtig. *schnüff*
Meine Fragen bleiben trotzdem bestehen, denn Frank Hurley hat sich bei seiner Matipilation natürlich etwas gedacht.
Zitat: _TylerDurden_ schrieb:
Ich lass den Thread mal hier stehen.
Verbindlichsten Dank.
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10.08.2004 23:35
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Kaylee
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Oh, da kann ich mich jetzt natürlich gut zurücklehnen und behaupten, dass ich die Manipulation auch sofort gesehen hab. *ggg*
Nein, im Ernst. Die Lichtverhältnisse bei so einem Himmel sind schon extrem. Da dürfte im Vordergrund, gerade in den Tiefen und Löchern nicht so viel Zeichnung sein. Nun war Hurley natürlich ein versierter Fotograf, der sein Material kannte. Dementsprechend hätte er bei einer reinen Landschaftsaufnahme, wie zB Ansel Adams, sicherlich viel durch Ausreizen der Technik zustande bringen können, aber dafür braucht man Zeit. Die bei solchen Dokumentarfotos wohl meistens nicht so gegeben war.
Ab wann spricht man ausserdem von 'Manipulation'?! Wenn er jetzt 'nur' den Himmel nachbelichtet hätte, wenn er Filter benutzt hätte, die die Szenerie auch anders zeigen, als wir sie live wahrgenommen hätten, oder erst bei reiner Bildmontage, wie in diesem Fall?!
Die Wirkung ist meiner Ansicht nach eine Wagner'sche. Obwohl, ehrlichgesagt, bei mir der allererste Eindruck auch der der Unwirklichkeit war.
Insgesamt wirkt es, wie eine gewaltige Naturkatastrophe. Dramatik wurde ja schon in dem Artikel erwähnt.
Mmmmh…vielleicht auch wie ein altes Gemälde, bei dem eine Gewaltigkeit auch über den Himmel ausgedrückt wird und der Mensch klein und nichtig wirkt?!
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11.08.2004 11:30
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Kaylee
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Kommt drauf an, was du unter Kunst verstehst. Aber ich würde sagen: ja!
Auch dein 'fotografische Mittel einsetzen' ist noch recht zweideutig. Denn die Wirkung des Bildes, so wie du es jetzt gepostet hast, kann man auch mit 'fotografischen Mitteln' so dermassen beeinflussen, dass sie eine ganz andere ist, als die jetzige.
Als Fotograf machst du mit deinem Bild eine Aussage. Wie du schon sagst, manipulierst du also auf jeden Fall. Wieso ist es dann interessant, inwieweit?!
Abgesehen von wirklich rein dokumentarischen 'Beweisfotos' natürlich.
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11.08.2004 18:29
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Alex.
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Interessant ist weniger das "inwieweit" sondern vielmehr das "warum" bzw. die Verknüpfung von beiden.
Was wollte Frank Hurley mit der Manipulation seines Passchendaele-Fotos erreichen? Eine Absicht stand doch dahinter, sonst hätte er es gelassen, wie es war.
Welche Wirkung hätte es im ursprünglichen Zustand gehabt und welche hat es im manipulierten Zustand?
Ein Bild mit toten Menschen kann beträchtliche Emotionen im Betrachter auslösen. Welche Wirkung wollte Frank erreichen? Und ist es ihm gelungen?
Wenn man das "warum" geklärt hat, kann man sich anschauen, welche (fotografischen und anderen) Mittel der Fotograf/Künstler/Demagoge eingesetzt hat und ob die Absicht gelungen ist. Manchmal kann man nur umgekehrt vorgehen und muß von der Manipulation ausgehend überlegen, welche Absicht dahinter steht.
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11.08.2004 19:37
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Kaylee
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Zitat: Alex. schrieb:
Wenn man das "warum" geklärt hat, kann man sich anschauen, welche (fotografischen und anderen) Mittel der Fotograf/Künstler/Demagoge eingesetzt hat und ob die Absicht gelungen ist.
Also da würde ich die Reihenfolge doch etwas anders sehen. Wenn ich ein Bild anschaue, Fotografien, Fotokunst oder andere Sachen, achte ich doch zuerst einmal darauf, wie es generell auf mich wirkt.
Sagt mir das Bild was? Spricht es irgendwas in mir an?! Wenn ja, erforsche ich vielleicht ein wenig die Wirkung, wenn nicht, wende ich mich wieder ab. Wenn der Macher mir was sagen will, dann soll er das tun, aber dann mach ich mich nicht mühselig auf die Suche nach der Aussage, noch erforsche ich, ob meine emotionale, spontane Reaktion wohl die ist, die der Macher beabsichtigt hatte.
Es sei denn ich müsste das Bild oder den Macher bewerten. Dann, aber auch erst dann, fange ich solche Überlegungen an, wie du sie oben beschreibst. Vielleicht auch noch, wenn ich eine solche Wirkung, wie sie das Bild auf mich hat, auch mit meinen eigenen Werken erzielen möchte, oder bewusst nicht erzielen möchte.
Dann fange ich an die einzelnen Gestaltungselemente auseinander zu nehmen, wäge die eine und die andere Alternative und deren mögliche Wirkung ab.
Das steht vielleicht im Gegensatz zu der Vorgehensweise bei Text- oder Gedichtanalysen, wie ich sie hier auch geniesse und durch die ich einen besseren Zugang zu den Werken bekomme. Bei visuellen Werken ist das bei mir nicht so.
Aber ich schätze, dass könnte ich genauso gut im 'Männer-Frauen'-thread posten, weil ich glaube, dass das zu einem guten Teil geschlechterspezifisch ist. Männer interessiert vor allem, zumindest hab ich das bei Fotos festgestellt, "wie hat er das gemacht!?". Frauen gehen da emotionaler ran und unterscheiden erstmal in gefällt-gefällt nicht…
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11.08.2004 21:21
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Alex.
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Wenn ich da nur von mir selber ausgehe, würde ich sagen, das ist bei Männern ähnlich. Jedenfalls hätte ich dieses Bild nicht als Beispiel gewählt, wenn es mir nicht von Anfang an "gefallen" hätte (Ich setze "gefallen" hier wegen des Bildinhalts mal in Anführungszeichen, ich könnte auch deine Worte "ansprechen", "mir etwas sagen" benutzen). Ich kenne Hurleys Fotos und Filme von der Shackleton-Expedition, die mich teilweise sehr fasziniert haben. Das heißt, die Voraussetzung, die du forderst, war bei mir prinzipiell erfüllt: Interesse am Fotografen, Interesse am Bild und positive Bildwirkung.
Aber vielleicht sollte man gar nicht versuchen, die Wirkung von Bildern oder von Kunstwerken überhaupt in Worte zu fassen. Zumal die Wirkung auf jeden Menschen unterschiedlich sein kann. Da redet man dann gern total aneinander vorbei.
Ich schaue mal ins Internet, ob irgendjemand eine Biographie über Hurley geschrieben hat.
[Dieser Beitrag wurde von Alex. am 11.08.2004 um 21:21 editiert]
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11.08.2004 22:55
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Kaylee
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Zitat: Alex. schrieb:
Aber vielleicht sollte man gar nicht versuchen, die Wirkung von Bildern oder von Kunstwerken überhaupt in Worte zu fassen. Zumal die Wirkung auf jeden Menschen unterschiedlich sein kann. Da redet man dann gern total aneinander vorbei.
Mir fällt es zugegebener Maßen tatsächlich schwer, eine Bildwirkung in Worte zu fassen. Wahrscheinlich bin ich deswegen Fotograf geworden . Wohingegen ich natürlich auch das inzwischen einigermaßen lernen musste. Aber ob ich jetzt ein Bild mache oder eines betrachte, die Ansprechebene ist für mich immer eine direkt nonverbale.
So geht's mir häufig übrigens auch bei Filmen.
Andererseits wird es ja gerade interessant, wenn die Wirkung auf verschiedene Menschen unterschiedlich ist. Und gerade als Macher interessiert mich natürlich auch, WIE etwas auf den Betrachter wirkt, oder warum ihn etwas NICHT anspricht. Im professionellen Bereich ist es natürlich noch umso wichtiger, dass man erfährt, WAS an einem Bild dem Kunden nicht gefällt. Ein schlichtes 'es gefällt mir irgendwie nicht' führt auch bei einem erneuten Versuch nicht unbedingt zu zufriedenstellenden Ergebnissen.
edit: ich kenne die Fotos von der Shackelton-Endurance Expedition. Absolut faszinierend. Vor allem wenn man bedenkt, dass er diese Fotoplatten auf einem Himmelfahrtskommando die ganze Zeit mitgeschleppt hat, bei dem er eigentlich nie davon ausgehen konnte, nochmal mit dem Leben davon zu kommen…
[Dieser Beitrag wurde von Kaylee am 11.08.2004 um 22:54 editiert]
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