30.10.2004 12:33
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MorgothderGrosse

Registriert: Nov 2003
Beiträge: 2352
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Das Fernsehen an sich ist als Informationsmedium schon unverzichtbar. Vorausgesetzt, ich bin kein Multi-Milliardär mit unbegrenzt viel Zeit zum Reisen, sind Dokumentationen bspw. unverzichtbar. Wenn ich Informationen über die politische Lage in Afghanistan möchte, kann ich darüber Bücher lesen und Scholl Latour-Dokus sehen, beim besten Willen aber nicht hinreisen und mich selbst kundig machen. Die Dokumentation ist eine Ergänzung zum Sachbuch, aber eine sinnvolle Ergänzung. Ich halte es für nicht unwesentlich, auch einen optischen Eindruck von einer Landschaft, Städten und ihren Menschen zu bekommen - das kann mir ein Buch nur beschränkt vermitteln.
Allerdings sehe auch ich kaum noch fern - Nachrichten, ab und zu einige Dokumentationen, aber ansonsten interessiert mich eigentlich nichts mehr. Das Programm der Privatsender ist schon grotesk schlecht, eigentlich eine Unverschämtheit gegenüber dem Zuschauer. Und auch ARD und ZDF sinken rapide in tiefe Abgründe des Niveaus. Dauervolksmusiksendungen, Rosamunde Pilcher-Verfilmungen und billge TV-Rührfilmchen kann man qualitativ eigentlich nicht über "Big Brother" oder VIVA setzen. Die einzigen Sender mit durchgehend gutem Programm sind für mich Arte, 3sat und Phoenix.
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Die Freunde der offenen Gesellschaft:
www.fdog-berlin.de
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30.10.2004 12:39
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Player23

Registriert: Sep 2004
Beiträge: 403
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Zitat: MorgothderGrosse schrieb:
Ich halte es für nicht unwesentlich, auch einen optischen Eindruck von einer Landschaft, Städten und ihren Menschen zu bekommen - das kann mir ein Buch nur beschränkt vermitteln.
ja, aber gerade das ist auch sehr gefährlich. ich denke jetzt an journalisten die irgendwelche araberkinder mit bonbons anfüttern, damit diese über den 11.9. jubeln und der zuschauer dann SIEHT, dass die die usa hassen. und das dann glaubt. hier wieder das problem des rezipienten. sicher.
ich denke generell, dass menschen sich vor (unversteckten) kameras nicht natürlich verhalten. da leidet dann auch die dokumentationskraft.
sieh mal, bei konzerten jubeln die leute sobald die kamera an ihnen vorbeifährt. ist das dann ein objektives einfangen der atmosphäre?!
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30.10.2004 13:20
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titania
Partytine

Registriert: Mar 2003
Beiträge: 2142
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Zitat: das mit dem betriebsblind meinte ich schon ernst.
Ich habe auch nie etwas anderes behauptet. wie kommst Du darauf?
Zitat: das was du schreibst ist einfach falsch. jemand der heroin konsumiert, kennt sich meintewegen dann auch gut mit der materie aus, allerdings kann er zur zeit seiner abhängigkeit seine eigene situation wohl eher nicht besonders objektiv beurteilen. das geht nur aus der (kritischen) distanz.
Siehst Du den gemeinen Fernsehschauer als abhängig? Denn sonst bin ich der Meinung, dass Dein Vergleich hinkt. Denn sobald der Fernseher aus ist, bin ich ja nicht mehr in der Situation des Fernsehrezipienten - kann also durchaus mit Abstand das Verhalten und auch Dargebotene bewerten. Zumal, wenn ich dem vorherigen Fernsehkonsum schon kritisch gegenüberstand.
Die Distanz ist somit also durch das Ausschalten des Fernsehers gegeben, die kritische Haltung hat weniger mit dem Konsumieren oder auch Nichtkonsumieren zu tun denn mit einer grundsätzlichen Einstellung.
Zitat: das ist übrigens generell immer so, ist dir das noch nie aufgefallen? jemand der in einer beziehung ist, sieht diese auch nicht objektiv, das tun nur andere leute...usw. genauso beim fernsehen. das war meine aussage. du musst dich auf die fernsehwelt einlassen, du wirst teil von ihr, sonst kannst du sie nicht genießen, bist du teil von ihr, kannst du automatisch kein kritischer beobachter mehr sein.
Aber jemand, der vollkommen außerhalb der Beziehung steht, der die beiden Personen nciht kennt und auch ihren Umgang miteinander nicht einzuschätzen vermag, kann auch kein detailliertes Bild eben jener Beziehung schaffen.
Man muss sich mit einer Materie befassen, bevor man sie betrachten und vor allem bewerten kann.
Zitat: den vorwurf der unreflektiertheit kann ich leider nicht ernstnehmen.
Das ist schade. Denn man sollte seinen Gesprächspartner immer ernst nehmen. Dann erübrigt sich wohl auch jegliche Diskussion mit Dir, wenn Du Beiträge anderer Diskussionspartner nicht ernst nimmst.
Zitat: ein medium alleine ist genauso harmlos wie eine nagelbombe oder eine ak47.
Können Nagelbomben auch Gutes schaffen? Menschen informieren und zusammenbringen? Wie kann man (vielleicht etwas detailierter) Nagelbomben und Medien vergleichen?
Zitat: ich denke generell, dass menschen sich vor (unversteckten) kameras nicht natürlich verhalten. da leidet dann auch die dokumentationskraft.
Selbst wenn Menschen sich nicht natürlcih verhalten, kannst Du das in Deine kritische Betrachtung eines Mediums einfließen lassen. Denn mit dem Argument der nicht vorhandenen Objektivität lassen sich sämtliche Medien ausschalten. Das einzige, auf dass Du Dich dann vollständig verlassen kannst, bist Du selber und Deine Wahrnehmungen - da fehlt Dir dann aber der Eingangs erwähnte Abstand.
@Morgoth: Vergiss die Dritten Programme nicht - die bringen auch ab und an tolle Dokus etc.
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Du legst dein Licht in allen Farben
um meine weiße Einsamkeit.
Ich fühle sie an meinen Narben
wie Balsam einer leichten Zeit.
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30.10.2004 14:03
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Player23

Registriert: Sep 2004
Beiträge: 403
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Zitat: titania schrieb:
Siehst Du den gemeinen Fernsehschauer als abhängig? Denn sonst bin ich der Meinung, dass Dein Vergleich hinkt. Denn sobald der Fernseher aus ist, bin ich ja nicht mehr in der Situation des Fernsehrezipienten - kann also durchaus mit Abstand das Verhalten und auch Dargebotene bewerten. Zumal, wenn ich dem vorherigen Fernsehkonsum schon kritisch gegenüberstand.
Die Distanz ist somit also durch das Ausschalten des Fernsehers gegeben, die kritische Haltung hat weniger mit dem Konsumieren oder auch Nichtkonsumieren zu tun denn mit einer grundsätzlichen Einstellung.
ich kenne jede menge leute, die ich als fernsehsüchtig beschreiben würde. sie selber würden das natürlich abstreiten. man erkennt ja selber eine sucht nicht unbedingt. entzugserscheinungen machen einen eventuell darauf aufmerksam. wenn jemand jeden tag fernsieht und dann behauptet, eigentlich brauche ich das aber nicht, dann ist das für mich nicht besonders glaubwürdig. das ausschalten bedeutet keine distanz. klar, wenn ich ne zigarette geraucht habe, mach ich die schachtel zu. was beweist das?
desweiteren meine ich dass man eine etwas größere distanz als einen tag braucht, um die ganzen gelernten tv-sprach-und-bilder-codes zu vergessen. wahrscheinlich vergisst man sie eh nicht, aber es werden in der zwischenzeit neue entwickelt, wenn man die verpasst, und dann wieder reinschaut, dann ist man ein bischen näher dran an der objektivität. ich würde mal sagen. minimum 3 monate nicht fernsehen. dann kann man ein wenig distanzierter urteilen.
das gilt natürlich nicht für so reflektierte leute für dich, die sich aus sich selber heraus davon freimachen können, und in mehreren realitätstunneln (fernsehzuschauer/nichtzuschauer) gleichzeitig leben können.
Zitat: Aber jemand, der vollkommen außerhalb der Beziehung steht, der die beiden Personen nciht kennt und auch ihren Umgang miteinander nicht einzuschätzen vermag, kann auch kein detailliertes Bild eben jener Beziehung schaffen.
Man muss sich mit einer Materie befassen, bevor man sie betrachten und vor allem bewerten kann.
noch einmal: wenn man innen ist, kann man nicht von außen draufschauen. das ist doch wohl klar. man kann innen sein, sich umschauen, sich dann nach außen begeben, und von außen draufschauen, aber nicht beides gleichzeitig.
Zitat: Das ist schade. Denn man sollte seinen Gesprächspartner immer ernst nehmen. Dann erübrigt sich wohl auch jegliche Diskussion mit Dir, wenn Du Beiträge anderer Diskussionspartner nicht ernst nimmst.
ich nehme leute ernst, die ernsthafte sachen sagen. mir unreflektiertheit vorzuwerfen, das ist so wie george bush zu unterstellen er liebt das irakische volk.
Zitat: Können Nagelbomben auch Gutes schaffen? Menschen informieren und zusammenbringen? Wie kann man (vielleicht etwas detailierter) Nagelbomben und Medien vergleichen?
NEIN du widersprichst dir selber, ein medium ist wie eine nagelbombe nichts, ein gegenstand, ein phantom, ein werkzeug, ohne eigenes bewusstsein, das fernsehen kann nichts gutes schaffen, das können nur menschen. die frage, ob menschen mit nagelbomben gutes schaffen können, würden manche durchaus mit ja beantworten.
Zitat: Das einzige, auf dass Du Dich dann vollständig verlassen kannst, bist Du selber und Deine Wahrnehmungen - da fehlt Dir dann aber der Eingangs erwähnte Abstand.
das ist mal ein kluger satz. denk mal weiter drüber nach.
[Dieser Beitrag wurde von Player23 am 30.10.2004 um 14:03 editiert]
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30.10.2004 13:48
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GuyIncognito
Beobachter d. Welten

Registriert: Feb 2004
Beiträge: 2528
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Zitat: Player23 schrieb:
noch einmal: wenn man innen ist, kann man nicht von außen draufschauen. das ist doch wohl klar. man kann innen sein, sich umschauen, sich dann nach außen begeben, und von außen draufschauen, aber nicht beides gleichzeitig.
Das ist zwar vollkommen richtig - es trifft jedoch auch der Umkehrschluß zu - wenn du aussen bist und nur kurz reinschaust, kannst du nicht alles erfassen. Du bekommst bestenfalls einen ersten Eindruck.
So ist es mit deinem abendlichen Selbstversuch. Du hast nur einen Ausschnitt des Ganzen kennengelernt.
Ebenso kann ich für einen Nachmittag in die Wüste fliegen und feststellen, es ist erschreckend heiß, trocken, lebensfeindlich. Und weil ich nichts lebendes dort entdeckt habe, gibt es in der Wüste kein Leben.
Der Eindruck ist zwar subjektiv und auf die Aufenthaltsdauer bezogen richtig, entspricht aber nicht der Realität.
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Der Horizont vieler Menschen ist ein Kreis mit dem Radius Null - und das nennen sie dann ihren Standpunkt.
Albert Einstein
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30.10.2004 13:52
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Player23

Registriert: Sep 2004
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30.10.2004 14:00
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Player23

Registriert: Sep 2004
Beiträge: 403
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Zitat: GuyIncognito schrieb:
Zitat: Player23 schrieb:
noch einmal: wenn man innen ist, kann man nicht von außen draufschauen. das ist doch wohl klar. man kann innen sein, sich umschauen, sich dann nach außen begeben, und von außen draufschauen, aber nicht beides gleichzeitig.
Das ist zwar vollkommen richtig - es trifft jedoch auch der Umkehrschluß zu - wenn du aussen bist und nur kurz reinschaust, kannst du nicht alles erfassen. Du bekommst bestenfalls einen ersten Eindruck.
das ist alles fast richtig. wohlgemerkt, ich habe ja vorher ferngesehen, kannte also das innen schon, und wollte mal das außen kennenlernen! wieso meint ihr eigentlich, dass ich nicht auch über mich selber rede wenn ich so etwas schreibe?
ich kenne beide realitäten, die des fernsehzuschauers, und die des tv-abstinenzlers. ich habe mich für nicht-konsum entschieden weil es mir einfach besser gefällt. ich spare jede menge zeit, die ich mit interessanten dingen verbringen kann. ok. ich könnte auch stundenlang im blauen flackerlicht sitzen und mit halboffenem mund und fixiertem blick alles aufsaugen was das fernsehen so zu bieten hat, aber auf diese form von autismus habe ich keine lust.
wer das doch hat, dem wünsche ich natürlich viel spaß, und gute unterhaltung.
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30.10.2004 14:08
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Player23

Registriert: Sep 2004
Beiträge: 403
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eine ergänzung:
die für mich verstörendste neue tv-form sind die reality-formate.
eine gesellschaft, die sich selber durch den fernseher betrachtet.
das ist unheimlich. und steht im ziemlichen gegensatz zum direkten erleben.
ok, man könnte einfach mal den müllmann/den bäcker/den polizisten fragen wie sein tagesablauf aussieht, mit ihm ein bischen plaudern, etc, aber das ist so anstrengend!
dann schaut man sich das lieber als reality-doku-soap an. sehr seltsam.
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01.11.2004 15:30
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GuyIncognito
Beobachter d. Welten

Registriert: Feb 2004
Beiträge: 2528
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Voyeurismus pur... ich bin ja der Meinung, dass Menschen vor allem andere Menschen sehen wollen, denen es schlechter geht als ihnen selbst. Das lenkt von den eignene Problemen ab.
Ausserdem ist es ungemein bequem... einfach auf der Couch sitzen und den anderen zusehen. Man bekommt Dinge zu sehen, die man so im normalen Leben nicht sieht - und wichtig! Man selbst bleibt unerkannt und keiner bekommt es mit.
[Dieser Beitrag wurde von GuyIncognito am 01.11.2004 um 15:30 editiert]
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Albert Einstein
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01.11.2004 14:54
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titania
Partytine

Registriert: Mar 2003
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Ist das nicht eine ziemlich übliche Methode? Zumal es heuzutage schwieriger ist, einen Weltkrieg anzuzetteln, der von inneren Problemen ablenkt.
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